Nun wird Paul Estermann auch noch von der unrühmlichen Vergangenheit eingeholt. Eine erste dokumentierte Verfehlung gab es bereits 1995 beim deutschen Traditionsturnier in Aachen (im BLICK). Der Luzerner konnte aber durch eine Lücke im Reglement springen, kam mit einer Busse davon und wurde vom Weltverband FEI vom Vorwurf der Tierquälerei freigesprochen.
Dem damaligen verantwortlichen Turnier-Tierarzt Dr. Peter F. Cronau stösst das auch 24 Jahre später noch sauer auf! Der Deutsche hat als Reaktion auf die hierzulande umfängliche Berichterstattung zum aktuellen Fall Estermann mit einem Statement in einer deutschen Online-Pferde-Zeitung reagiert. Und wie!
Röhrbeine mit chemischer Substanz eingerieben
Dr. Cronau war 1995 jener Tierarzt, der nach einer Veterinär-Kontrolle bei Estermanns damaligem Pferd Piquet ein Vergehen feststellte. Er zeigte den Springreiter wegen Blistern, einer verbotenen Methode, an. Das bedeutet: Die Röhrbeine der Pferde werden mit einer chemischen Substanz eingerieben, die zu Schmerzen führt, sobald das Tier eine Stange berührt. Als Beweis liefert der Veterinär gleich noch das Foto, das gemacht wurde. Das Fell sieht wie weggeätzt aus. Es spricht für sich.
Der Facharzt für Pferde prangert auch heute noch das weiche Verhalten der Aachener Staatsanwaltschaft an und damit in Sachen Tierschutz die Blamage des Deutschen Rechtsstaates. Laut dem Fachmagazin «Kavallo» bestand damals auch für Professor Urs Schatzmann, den früheren Leiter der Pferdeklinik Bern, schon kein Zweifel über die Ursache: «Die Hautentzündungen wurden von Menschenhand angebracht.»
«Mir fehlen die Worte
Für Dr. Cronau wünschte sich im aktuellen Fall (vor dem vorliegenden Urteil des Bezirksgerichts Willisau LU), dass diese zweite Instanz ein Entscheid im Sinne des Tieres fällen wird. Denn auch er habe die besagten Fotos des verletzten Pferdes gesehen, «ich kann nur sagen, dass mir die Worte fehlen».