Das ist im Galoppsport weltweit einzigartig
Schweizer Reiter verbieten sich selbst Peitschenschläge

Die Schweizer Galoppreiter werden zu Vorreitern. Eine Mehrheit im Verband will das Verbot von Peitschenhiebe gegen die Pferde. Nun wird es umgesetzt, was weltweit in dieser Form einmalig ist.
Publiziert: 13.03.2024 um 19:17 Uhr
|
Aktualisiert: 14.03.2024 um 09:07 Uhr
1/5
Ein Peitschenzwick für den Schlussspurt: Das ist im Schweizer Galoppsport Vergangenheit, es wird ein Verbot eingeführt.
Foto: Keystone

Es ist eine Reit-Revolution. «Wir wollen die Pferde nicht mehr schlagen!», heisst es klipp und klar im Schweizer Galoppsport, der sich deshalb nun selber ein Verbot auferlegt. Peitschenschläge gegen das Pferd, um es anzutreiben? Gibts künftig auf den grossen Schweizer Rennbahnen wie Dielsdorf ZH, Avenches VD oder auch auf Schnee am White Turf in St. Moritz GR nicht mehr.

Die Generalversammlung vom Verband Galopp Schweiz beschliesst am Samstag in Aarau ein Peitschenverbot. Natürlich nicht nur für die grossen Rennen, sondern gesamtschweizerisch. Wer peitscht, wird künftig mit Bussen, Gewinnrückbehaltung und vor allem mit mindestens 30 Tagen Lizenzentzug hart bestraft.

Es ist weltweit einzigartig, dass sich Pferdebesitzende, Reiterinnen und Reiter sowie Trainerinnen und Trainer zu diesem radikalen Schritt entschliessen. Das Peitschenverbot in Norwegen etwa diktierte der Staat, dasjenige in Schweden von 2022 der Verband. Dort aber, ohne die Involvierten zu befragen. «Uns war es wichtig, dass eine solche weitreichende Entscheidung von der Mehrheit getragen wird», sagt Galopp-Schweiz-Vorstandsmitglied Nicole Seiler zu Blick.

Die erlaubten Schläge waren bereits auf drei reduziert

Natürlich kommt diese Reit-Revolution nicht aus dem Nichts. Es ist 2016, als ein Verbandsmitglied erstmals einen entsprechenden Antrag stellt. Eine Mehrheit gibts da aber noch nicht, immerhin reicht der Tenor für die Gründung einer Arbeitsgruppe. Ab 2017 wird die Anzahl erlaubter Schläge von fünf auf drei reduziert – inklusiver massiver Geldbussen bei Überschreitung. Die Pandemie verzögert dann das erneute Anpacken eines gänzlichen Verbots. Ab 2021 sei dann innerhalb der Szene ein immer breiteres Umdenken zu beobachten gewesen, schildert Seiler. Jetzt stand eine klare Mehrheit dahinter. «Die Zeit war reif dafür», sagt das Vorstandsmitglied.

Wie gross wird die Umstellung für die Jockeys? Sie dürfen die Peitsche zwar nach wie vor mitführen, aber nur noch für Berührungen an der Schulter für die Korrektur. Gerade für die Jockeys aus dem Ausland werden Rennen in der Schweiz gewöhnungsbedürftig – auch wenn es nicht mehr Standard war, alle zur Verfügung stehenden drei Hiebe auch tatsächlich zu nutzen.

Die Peitsche prägt das Image des Sports seit Jahrhunderten

Längst Standard sind aus Tierwohlgründen Peitschen, die so konstruiert sind, dass sie den Pferden nicht wehtun. Allerdings «chlöpfen» sie laut. Bei Galopp Schweiz schafft man nun auch den Peitschenknall ab, der nach wie vor suggerierte, dass ordentlich auf die Tiere eingedroschen wird.

Ob ein Pferd schneller galoppiert, wenn es geschlagen wird, ist sowieso umstritten. Aber der Einsatz der Peitsche prägt das Image des Sports und ist eine jahrhundertealte Tradition, das berühmte «Royal Ascot» in England etwa wurde bereits 1711 erstmals durchgeführt und steht bis heute unter der Schirmherrschaft des britischen Königshauses. In gewissen Ländern Asiens gibt es noch heute Strafen in Galopprennen, wenn – nicht gepeitscht wird. Nun gilt in der Schweiz das Gegenteil. Macht das Beispiel der Galopper bald auch Schule in anderen Pferdesportsparten?

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?

Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?