Radprofi Stefan Bissegger (24) steht dieses Jahr nicht bei der Tour de France am Start. Dennoch wird der Thurgauer in den Köpfen der weltweiten Radsport-Fans präsent sein. Seine dramatische Geschichte kennt seit diesem Monat die halbe Sportwelt.
Kurz vor dem Start der Tour de France am Samstag im Baskenland hat die Streaming-Plattform Netflix die Serie «Unchained» veröffentlicht. Sie ist seit gut zwei Wochen verfügbar. Es ist das Ergebnis von vielen Tonnen Videomaterial, die das Kamera-Team bei der letztjährigen Tour de France mitten im Geschehen gesammelt hat. Euphorie, Spannung, Stürze, Angst hautnah.
Schweizer Drama in Kopenhagen
Auch Bissegger hat reingeschaut. «Es war ganz bitter, den Teil mit mir in der ersten Folge zu sehen», sagt er zu Blick. Als Zeitfahrspezialist hatte er vor einem Jahr zum Auftakt in Kopenhagen Chancen auf den Sieg im Auftaktzeitfahren und das Gelbe Trikot. Die Macher der Serie haben seine Geschichte aufgegriffen. Die lange, minutiöse Vorbereitung. Die Hoffnungen. Und dann die beiden Stürze auf der verregneten Strasse.
«Es war bitter, weil es wirklich hätte klappen können», sagt er jetzt. «Aber sicher war es cool, mich selber so prominent in der Serie zu sehen. Sie haben meine Situation ziemlich gut dargestellt.»
Alles überspitzt?
Nicht alle sind so zufrieden wie Bissegger. Harsche Kritik gibt es vom belgischen Superstar Wout van Aert (28): «Es ist ziemlich beunruhigend, dass in der Dokumentation Geschichten geschrieben wurden, die es nicht gab. Für mich zielt die Serie auf Aufreger ab.» Das sagt der neunfache Tour-Etappensieger beim TV-Sender «Sporza».
Differenzen zwischen ihm und Teamkollege Jonas Vingegaard (26), dem späteren Tour-Sieger, seien zu sehr dramatisiert worden, findet van Aert. «Wir sind eigentlich beste Freunde», sagt der Belgier.
Auch Verstappen war verärgert
Er bläst damit in das gleiche Horn wie Max Verstappen (25) beim Serien-Pendant in der Formel 1. Der Weltmeister hat den Netflix-Machern zeitweise sogar keine Interviews mehr gegeben. Trotz der Kritik: Die Formel-1-Serie «Drive to Survive» war ein Riesenerfolg und löste einen Boom aus.
Darauf hofft man jetzt auch im Radsport. Auch dieses Jahr sind die Kameras wieder im Rad-Zirkus dabei. Bisseggers Erfahrung vom Dreh: «Die Kameras hatte ich persönlich nicht so gerne, aber die Kameraleute waren coole Typen.»