Showman, Bösewicht, Entertainer, Seriensieger: Sagan gewann 18 Etappen bei der Tour de Suisse
Der Rockstar verlässt die Bühne

Peter Sagan (33) ist die schillerndste Figur im Peloton. Ende Saison beendet er seine Karriere. Der Slowake wird in Erinnerung bleiben – er sorgte für Ekstase und rote Köpfe.
Publiziert: 14.06.2023 um 11:02 Uhr
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Aktualisiert: 14.06.2023 um 13:22 Uhr
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Er war wild, lustig und vor allem bärenstark: Peter Sagen beendet nach dieser Saison seine Karriere.
Foto: imago/Belga
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Mathias GermannReporter Sport

Ein gewöhnlicher Rennfahrer? Peter Sagan (33) ist alles, nur das nicht. Der Slowake bewegt die Rad-Fans wie kaum ein anderer. «Why so serious?» (Warum so ernst?) liess er sich auf den Oberkörper stechen. Dazu ein Bild von ihm mit wilder Mähne, in Anlehnung an den Joker von Batman.

Sagan sieht den Sport als Showbühne, kaum etwas nervt ihn mehr als Spiessigkeit. Vor allem aber ist Sagan einer der Besten der Geschichte. Dank seiner Härte bei Eintagesrennen und Sprintschnelligkeit gewann er 114 Rennen. Darunter: 3 WM-Titel in Serie (2015–2017), die Flandernrundfahrt (2016), Paris-Roubaix (2018), 12 Etappen und 7 Mal die Punktewertung bei der Tour de France. Bei der Tour de Suisse kommt er auf 18 Tagessiege. Rekord.

Von der UCI gesperrt – zu Unrecht

Ende Saison ist Schluss, Sagan mag nicht mehr. Der Rockstar befindet sich auf Abschiedstournee, auch in der Schweiz. In Erinnerung bleiben wird er nicht nur wegen seiner Triumphe. Als Fabian Cancellara nach seinem Sieg in der Flandernrundfahrt 2013 auf dem Podest von zwei Ehrendamen geküsst wurde, kniff Sagan einer davon in den Po. «Ich verspreche, in Zukunft respektvoller zu sein», entschuldigte er sich kurz darauf.

Mangelnder Respekt wurde Sagan auch in den Rennen oft vorgeworfen. Viele störten sich daran, dass er bei Sprintsiegen schon weit vor der Ziellinie jubelte. War es eine Verhöhnung seiner Gegner? Die Wahrheit ist: Sagan war so überlegen, dass er es sich leisten konnte. Das war nicht immer der Fall. 2017 drängte er den Briten Mark Cavendish beim Zielsprint bei höchstem Tempo in die Bande – der Brite brach sich das Schulterblatt, Sagan wurde von der UCI aus dem Rennen genommen. Eine genauere Analyse zeigte, dass der Slowake vorher berührt worden war – er wurde freigesprochen.

«Teufel und Engel in einer Person»

Sagan ist ein Künstler auf dem Rad, kaum einer beherrscht seine Maschine so gut. Seine Wheelies, bei denen er mit dem Vorderrad in der Luft fährt, versetzen seine Fans in Ekstase. Mit seiner zuweilen rüpelhafte Fahrweise kam er bei den Berufskollegen aber nicht immer gut an.

Silvan Dillier (32) wurde vor fünf Jahren nach einer langen Flucht mit Sagan Zweiter bei Paris-Roubaix. Er erinnert sich: «Ich bezeichnete Peter schon damals als Teufel und Engel in einer Person. So werde ich ihn auch in Erinnerung behalten. Er war sensationell und forderte im Peloton sehr viel Respekt ein – gleichzeitig war er aber nicht immer respektvoll gegenüber anderen.»

Jahrelang tourte Sagan mit einem Wohnmobil von Rennen zu Rennen, auf dem Camper stand in grossen Lettern geschrieben. «They laugh at me because I’m different. I laugh at them because they’re all the same.» Übersetzt: «Sie lachen über mich, weil ich anders bin. Ich lache über sie, weil sie alle gleich sind.»

Doppelt so viele Follower wie Pogacar

Sagan wuchs in einfachen Verhältnissen auf und feierte früh grosse Erfolge. In seinen besten Jahren verdiente er gerüchteweise 6 Millionen Franken pro Jahr. Lange pflegte er ein Hipster-Image, mit langen Haaren, Tattoos und Bart. Oft rasierte er sich die Beine nicht – ein Sakrileg im Radsport.

Seine kindliche Art bei Interviews begeisterte, immer war der Gummibärli-Fan für einen Spass zu haben. Auf Instagram hat er 1,9 Millionen Follower und damit mehr als doppelt so viele wie der beste Rad-Profi der Gegenwart, der zweifache Tour-de-France-Sieger Tadej Pogarcar (23, Slo).

Mit Sohn Marlon durch die Schweiz

Doch wie geht es für Sagan nach der Karriere weiter? Gegenüber Blick sagte er vor vier Jahren: «Ich würde gerne die Schweiz einmal in Ruhe kennenlernen. Am liebsten mit meinem Sohn Marlon. Er ist der grösste Sieg in meinem Leben. Er darf dann sagen, wo wir mit dem Camper hinfahren.» Schon bald wird Sagan dafür genügend Zeit haben.

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