BLICK: Marc Hirschi, es gab viele Spekulationen rund um Ihren Wechsel zum UAE Team Emirates. Wie haben Sie diese wahrgenommen?
Marc Hirschi: Sport ist Unterhaltungs-Business. Es ist doch klar, dass viel geredet und geschrieben wird.
Der BLICK schrieb unter anderem: «Hirschi will kein Rad-Soldat mehr sein» und «Hirschi wird Millionär».
Jeder darf denken, was er will. Das ist normal. Wenn ich Journalist wäre, würde ich wohl auch schreiben, was die Leute lesen wollen.
Wie verändert Geld eine Person?
Vielleicht muss ich mir in den Ferien künftig weniger häufig überlegen, ob ich mir etwas wirklich leisten kann oder nicht. Aber ich selbst ändere mich deswegen nicht, ich bin immer noch der Marc von früher. Ich habe allerdings Respekt davor, dass mich die Leute nun wegen des Geldes nun anders sehen.
Waren die Finanzen entscheidend für den Transfer?
Auf keinen Fall. Ich wollte einen Tapetenwechsel, suchte eine sportliche Challenge. Das UAE Team Emirates war in der letzten Saison die drittbeste Mannschaft, viele verschiedene Fahrer holten Siege, die jungen haben sehr gut performt. Das hat mich gereizt. Gleichzeitig ist das Team im Bereich Wissenschaft und Ernährung extrem weit. Langfristig bringt mich dieser Wechsel weiter.
Langfristig?
Ich will erneut sofort Erfolg haben, logisch. Aber ich habe herausgefunden, dass ich dann am meisten lerne, wenn es schwierig wird. Das war schon früher immer so. Es muss manchmal nach unten gehen, damit es wieder nach oben geht.
Über die Hintergründe seines Wechsels – Hirschi hatte beim Team DSM noch einen laufenden Vertrag – will der Berner nicht reden. Und schon gar nicht über die Spekulationen einiger holländischen Medien. Kein Wunder: Beide Teams haben eine Schweige-Vereinbarung.
Ihr neuer Teammanager Mauro Gianetti hat bei vielen einen schlechten Ruf wegen seiner Vergangenheit. Ihm wurde Doping-Missbrauch vorgeworfen – als Fahrer und Sportlicher Leiter. Befürchten Sie nicht, dass dies auf Sie abfärben könnte?
Es liegt nicht an mir, seine Vergangenheit zu kommentieren. Bei den Verhandlungen hat er mich überzeugt, er ist sehr nahe am Team. Ihm ist es wichtig, eine Spass-Atmosphäre zu haben, alles soll familiär sein, Grüppchen darf es nicht geben. Und daneben wird hart trainiert.
Benutzen Sie das Rad-Wundermittel Ketone?
Nein. Ich habe es auch nie probiert.
Es ist nicht verboten und einige Top-Teams wie Jumbo-Visma setzen es bewusst ein.
Ich glaube nicht, dass Ketone so viel ausmacht. In meiner Karriere geht es derzeit um viel mehr.
Worum?
Mein Körper muss robuster werden. Aber mit den Jahren wird diese Härte auch kommen. Ich bin erst 22 Jahre alt und muss mir natürlich auch noch Zeit geben.
Wie ist es eigentlich in der Wüste?
Gar nicht so schlecht (schmunzelt). Kamelfleisch habe ich zwar gegessen, aber nur wenig – es hat mir nicht geschmeckt. Ansonsten sind die Trainingsbedingungen gut und die Leute sehr gastfreundlich.
Sie sind in ihrem dritten Profi-Jahr und nun ein Star. Was vermissen Sie von Ihrem alten Leben?
Die Tage daheim kann ich je länger, desto mehr an einer Hand abzählen. Ich erinnere mich an meine KV-Zeit: Damals wollte ich am liebsten herumreisen. Jetzt ist es umgekehrt – ich würde am liebsten zu Hause bleiben. Aber das gehört dazu. Ein normaler Job hat auch Nachteile, ich beklage mich also keinesfalls.