Zuerst war es Stefan Küng (28). Dann kam Marc Hirschi (23). Und schliesslich Stefan Bissegger (23). Ihnen gehörte in den letzten Jahren die grossen Schlagzeilen im Schweizer Radsport. Aber da gibt es noch einen: Gino Mäder (25)! «Ich habe immer gedacht: ‹Ich muss mich beeilen! Ich muss vorwärtsmachen! Hirschi und die anderen sind ja schon ganz oben, ich noch nicht.› Aber mittlerweile lasse ich mich nicht mehr stressen», sagt der 25-Jährige.
Was führte zum Sinneswandel beim sensiblen Wahlzürcher? Es waren primär die Erfolge. Gesamt-Fünfter bei der Vuelta 2021, Zweiter bei der Tour de Romandie 2022 – Mäder ist der in der Schweiz so lange ersehnte Rundfahrten-Spezialist. «Beim Bergzeitfahren zuletzt hinauf nach Villars bin ich so lange und schnell Velo gefahren wie noch nie. Ich habe höhere Watt-Zahlen gedrückt als bei der Vuelta.»
Für ihn sei das extrem wichtig, betont Mäder. «Ich sehe seit einiger Zeit eine Entwicklung, stelle einen persönlichen Rekord nach dem anderen auf. Und ich sehe keinen Grund, warum es nicht so weitergehen sollte.»
«Muss nicht machen, was ich nicht kann»
Wohin ihn dieser Weg führen wird, ist unklar. Auf die Frage, was Mäders Limit sein könnte, antwortet sein Rad-Kollege Bissegger: «Der Tour de France-Sieg.» Aber ist das wirklich realistisch? «Ich weiss nicht wann, aber Gino kann es schaffen.» Mäder ist geschmeichelt. «Es ist sehr schön, dass Stefan an mich glaubt.»
Noch ist Mäder, der in diesem Sommer nach der Tour de Suisse (12.-19. Juni) erstmals die Tour de France (1.-24. Juli) bestreiten wird, nicht so weit. Aber er hat endlich die Ruhe gefunden, um einen Schritt nach dem anderen zu gehen. «Wenn auf meinem Trainingsplan steht, wie viele Watt ich treten soll, muss ich nicht versuchen, zehn Watt mehr zu erreichen. Nein. Ich muss nicht machen, was ich nicht kann», so Mäder.
Längst ist ihm bewusst: Jeder entwickelt sich so schnell, wie er kann. Und nicht jeder ist ein Rad-Wunderkind. «Im modernen Radsport kommen so viele schnell nach oben, die einschlagen. Dann hast du das Gefühl: Mein Zug ist abgefahren. Aber dein Zug ist erst abgefahren, wenn du dies selbst sagst.»