Vor vier Tagen war Gino Mäder der Bettler. «Mein Frust ist so gross, dass eine Skala von 1 bis 10 dafür nicht ausreicht», sagte er am Boden zerstört. Und heute? Da ist Mäder der König! Der Wahlzürcher gewinnt den Drei-Pässe-Ritt über Oberalp, Lukmanier und Gotthard – die Königsetappe. «Es ist einfach geil. Ich spüre pure Freude», so Mäder.
Der 24-Jährige macht mit seinem Sieg die Tour de Suisse endgültig zur Tour des Suisses! Los ging es in Frauenfeld mit dem Zeitfahr-Erfolg von Stefan Küng (27). Dann liess Stefan Bissegger (22) in Gstaad seine Muskeln und machte dem Spitznamen «Muni» alle Ehre. Und nun gewinnt Mäder das härteste Tour-Teilstück. Acht Etappen, drei Siege – eine bärenstarke Schweizer Bilanz.
Bereits im Frühling durfte Mäder jubeln, als er eine Etappe des Giro gewann. Aber: Aber dieser Triumph in Andermatt ist mehr wert. «Es ist anders, so zu gewinnen, als aus einer Fluchtgruppe heraus», stimmt Mäder zu. «Jetzt bin ich richtig angekommen», sagt er happy.
«Meine Beine sind komplett durch»
Doch der Reihe nach. Während an den ersten beiden Pässen wie der Teufel gefahren wird, bleibt Mäder ruhig. Er versteckt sich hauptsächlich in der Gruppe der Gesamtbesten. Kräfte sparen, wo es nur geht. Dann beginnt das Schlussbouquet, die alte Tremola zum Gotthard hinauf. «Bei den ersten Rampen fuhren sie voll rein. Ich dachte: ‹Oh nein, das wird nichts für mich!› Aber ich hatte Glück, das Tempo wurde etwas gedrosselt und ich blieb dran», so Mäder.
Kurz vor der Passhöhe nimmt Mäder dann das Herz in die Hand, er jagt dem kanadischen Ausreisser Michael Woods (34) hinterher und holt ihn in der Abfahrt ein. Es kommt zum Zweier-Sprint. Und da kocht Mäder den zehn Jahre älteren Gegner gekonnt ab. «Er ging schon 400 meter vor dem Ziel aus dem Sattel. Ich glaubte nicht, dass er es durchziehen würde. Und so kam es, ich überholte ihn noch. Meine Beine sind jetzt komplett durch, aber ich bin unglaublich glücklich.»
Eigentlich gilt Mäder als Rundfahrten-Talent. Warum ihn sein Körper bei der Tour zwischendurch im Stich liess, weiss er nicht. Noch nicht. Es ist in diesem Moment des Glücks auch egal.