Auf einen Blick
- Hunderte nahmen Abschied von Muriel Furrer
- Furrer galt als grosse Rad-Hoffnung
- Sie starb im Alter von nur 18 Jahren
Die Anteilnahme ist riesig. Weil die Kirche in Muriel Furrers Heimat Egg ZH zu klein ist, nehmen am Freitagnachmittag hunderte von Menschen in der reformierten Kirche Uster Abschied von ihr. Das Rad-Talent war am 26. September während des U19-WM-Rennens in einem Waldstück in Küsnacht schwer gestürzt und einen Tag später im Alter von nur 18 Jahren seinen schweren Verletzungen erlegen.
Diese Tragödie hat die Schweiz erschüttert und bewegt. Und sie tut es auch heute noch, sechs Wochen später. Viele haben an jenem verhängnisvollen und schwer zu akzeptierenden September-Tag einen geliebten Menschen verloren. Die Eltern ihre stets lächelnde Tochter. Die Geschwister ihre kleine Schwester. Die Schülerinnen und Schüler der United School of Sports eine geschätzte Mitschülerin. Die Swiss Life eine engagierte KV-Lernende. Die christliche Organisation Athletes in Action eine bekennende Gläubige. Der Veloclub Meilen ein ambitioniertes Mitglied. Swiss Cycling eine talentierte Fahrerin.
Sie alle kommen an diesem sonnigen Freitag in Uster zusammen, um zu gedenken, zu trauern, zu lachen, zu erinnern. «Wir dürfen nicht nur der Trauer Raum geben, denn Muriel war so hoffnungsvoll. Auch dem müssen wir Raum geben», erklärt Pfarrer Matthias Stäubli gleich zu Beginn des Abschiedsgottesdienstes.
«Warum durfte nicht ich für dich gehen?»
Dann wird es sehr emotional und tränenreich. In einem Brief von Muriel Furrers Mutter Christine, vorgetragen von Pfarrerin Zoe Jordi, heisst es: «Muriel, du hast so viel gelacht und so viele Begabungen gehabt, Ballett, Cello, Klavier, Malen. Ab der dritten Klasse kamst du nach Hinteregg in die Schule. Das war genug weit weg, um für den Schulweg das Velo nehmen zu dürfen. Das war der Anfang deiner Karriere. Ich war immer einer deiner grössten Fans. Und wir haben noch so viel zusammen vorgehabt – in die Blinde Kuh essen gehen, das Musical Mamma Mia anschauen, Skaten in Davos, Shoppen in Zürich. Wir sehen uns im Himmel wieder, ich freue mich.»
Doch in ihrem Brief spricht die Mutter auch offen über die Schattenseiten des Radsports, unter der Muriel mit ihrer «sensiblen Seele» gelegentlich gelitten hat, über Essstörungen, Mobbing, Leistungsdruck. Und Christine Furrer stellt Fragen: «Warum durfte nicht ich für dich gehen? Wie sollen wir ohne dich leben?» Fragen, auf die es leider keine Antworten gibt.
Danach wird von einem Freund der Familie ein Brief von Muriels Vater Reto vorgelesen. Darin erinnert er sich zurück, wie sie oft gemeinsam unterwegs waren. Er der Trainer und Förderer, sie das Rad-Talent. Er erzählt, wie sie mal in Verona mit ihrem Wohnmobil in einer engen Gasse steckengeblieben sind. Oder wie sie gemeinsam mit dem Velowerkzeug in einem Hotelzimmer die verriegelten Fenster doch noch öffnen konnten.
Abschied mit zehn Küsschen auf die Stirn
Auch Bruder Eric hat einen Brief an Muriel geschrieben, vorgetragen von einem Cousin. Er beschreibt, wie er Muriel einst die blonden Haare abschnitt, diese unter dem Sofa versteckte und sie danach mit einer Mütze rumlief. Oder dass auf seiner Traumliste unter Nummer 93 stehe, dass er mal Muriel an Olympischen Spielen zujubeln wolle.
Dazu wird es leider nie kommen, denn am 27. September musste Eric in Zürich im Spital Abschied von seiner kleinen Schwester nehmen. «Mit zehn Küsschen auf die Stirn.»
Abschied nehmen mussten auch die Freundinnen und Radrennfahrerinnen Lara Liehner und Sirin Städler. In der Kirche in Uster reden sie unter Tränen über ihre innige Freundschaft zu Muriel. Städler: «Muriel, du bist unser Schutzengel.»
Bewegende Momente, die auch Sandra Mäder nahe gehen. Die Mutter des 2023 während der Tour de Suisse verstorbenen Radrennfahrers Gino ist ebenfalls anwesend. Auch sein schrecklicher Tod wird von Pfarrer Stäubli erwähnt. «Es ist heute auch für mich ein schwieriger und trauriger Tag», sagt Sandra Mäder zu Blick.
«Muriel bleibt ein Vorbild für uns»
Es gibt aber auch Worte des Trosts während des Abschiedsgottesdienstes. Pfarrer Stäubli: «Muriel, du bist gestorben, aber du bist nicht tot.» Und der Zürcher Regierungsrat Mario Fehr sagt in seiner Rede: «Muriel bleibt ein Vorbild für uns. Sie möchte, dass wir lächeln, wenn wir an sie denken.»
An Muriel Furrers letzter Ruhestätte auf dem Friedhof Egg steht auf einer Collage: «Wenn die Sonne des Lebens untergeht, leuchten die Sterne der Erinnerung.» Mögen die Sterne lange und hell leuchten.