Er gewann den Giro d’Italia, die Tour de Suisse und wurde vor drei Jahren in Tokio Olympiasieger. Aber in Paris? Nein, da wird Richard Carapaz (31) nicht dabei sein. Der Olympische Verband Ecuadors hat sein Ticket für das Strassenrennen an Jhonatan Narváez (27) vergeben. Und damit Millionen Menschen im Andenstaat schockiert. Denn: In Ecuador ist Carapaz viel mehr als nur ein guter Rad-Profi – er wird als Nationalheld bewundert.
Nach der Nicht-Selektion schäumte Carapaz gegenüber der Zeitung Primicias: «Es ist ganz klar, dass ich mir einen Startplatz verdient habe. Ich sage das nicht aus einer Laune heraus oder weil ich amtierender Olympiasieger bin, sondern weil ich fast 50 Prozent der ecuadorianischen UCI-Punkte gewonnen habe.»
Happige Vorwürfe an den Präsidenten
Als Angriff auf Narváez sieht Carapaz seine Aussagen nicht. «Ich wünsche ihm viel Glück», sagt er. Gleichzeitig ruft er seine Fans via Social Media auf: «Vergesst nicht, eure Stimme immer für einen fairen Sport zu heben.» Was der Mann, der in einer Woche die Tour de Suisse (9. bis 16. Juni) bestreiten wird, meint?
Er hat sich in den letzten Wochen mit Verbandspräsident Rosero Cambi angelegt. «Ecuador braucht einen neutralen Verband ohne Vetternwirtschaft. Dieser Präsident zeigt jeden Tag mit seinem Handeln, dass er nicht für einen fairen Verband steht.»
Bei Olympia sind nicht alle Stars dabei
Tatsächlich lässt sich darüber streiten, ob Carapaz bessere Medaillen-Chancen hätte als Narváez. Fakt ist: Ecuador hat wegen der strengen Olympia-Regularien nur einen Startplatz zur Verfügung.
Das gleiche Problem hat Slowenien. Dort muss Zeitfahr-Olympiasieger Primoz Rogilc (34) daheim bleiben, weil Tadej Pogacar (25) derzeit das Nonplusultra im Radsport ist. Die Schweiz hat übrigens auch nur zwei Quotenplätze, die aber noch nicht vergeben wurden.
Doch warum ist Carapaz derart aufgebracht? Einfach: Er kritisiert den kurzen und intransparenten Selektionsprozess. So habe man die erzielten Punkte der Fahrer seit Januar 2024 gewertet, statt weiter zurückzublicken. Und: Erst im März seien die Selektionskriterien bekannt gemacht worden. Alle das sei gegen ihn gerichtet gewesen.
Was bleibt? Die einfache Erkennnis: Bei den Olympischen Spielen werden viele, aber nicht zwingend nur die besten Athleten starten – auch nicht im Strassenradsport.