Das meint Blick
Die Zeiten der Kuschel-Schweizer sind vorbei

Die Schweizer brillieren in Tokio und überzeugen mit einem neuen Selbstbewusstsein. Sie ecken lieber an und gewinnen, statt nett zu sein und zu verlieren, schreibt Stefan Meier, Ressortleiter Sport bei der Blick Gruppe.
Publiziert: 06.08.2021 um 10:20 Uhr
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Aktualisiert: 06.08.2021 um 10:25 Uhr
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Stefan Meier, Ressortleiter Sport, sieht ein neues Selbstbewusstsein in der mutigen Schweizer Delegation.
Foto: Thomas Meier
Stefan Meier

Lieb sein – und verlieren. Es ist ein Klischee, das den Schweizer Sportlern allzu lange anhaftete. Unsere Athletinnen und Athleten galten mit einigen Ausnahmen selten als die Vorzeigebeispiele für den Killerinstinkt. Doch in Tokio überzeugen viele mit einem neuen Selbstbewusstsein.

Die Beacherinnen sind das jüngste Beispiel. Nett sein? Muss nicht sein. Zumindest nicht auf dem Platz. Sie schreien, schüren Emotionen und provozieren ein Stück weit. Und kaufen ihren Gegnerinnen so auch den Schneid ab im Olympia-Turnier. Bronze ist der Lohn für den mutigen und selbstbewussten Auftritt.

Heidrich eckt an – das ist nicht einfach

Einfach ist es nicht, mit dieser Attitüde in den Wettkampf zu gehen. Wer die Sache so angeht wie Joana Heidrich, der eckt an. Das muss sie mit den Anfeindungen auf Instagram gegen ihre Person spüren. Doch sie hält dem Druck zusammen mit ihrer Partnerin Anouk Vergé-Dépré stand. Chapeau!

Die beiden sind nicht die einzigen. Mathias Flückiger etwa sagte Gold an. «Spinnt der?», dachte man noch 1992, als Xeno Müller das gleiche tat und in Atlanta dann abräumte. «Gut so», denkt man heute. Und auch Flückiger langte zu, griff sich Silber.

Auch Nina Christen sperrte Bronze weg, weil sie nicht zufrieden sein, sondern in ihrer Paradedisziplin brillieren wollte. Jérémy Desplanches? War nur für die Medaille in Japan, für nichts anderes. Jolanda Neff liess sich von den Umständen ihrer Verletzung nicht klein kriegen. Belinda Bencic entfesselte sich in Tokio Mal für Mal aus der sich drohenden Niederlage. Nikita Ducarroz besiegte ihre Angst. Sie alle langten zu.

Schweizer Team ist nicht zum Kuscheln da

Und zeigten, dass das Schweizer Team nicht zum Kuscheln und Spass haben in Tokio ist. Sie sind für die Medaillen da und sind mit 13 bereits so erfolgreich wie seit 69 Jahren nicht mehr. Es gab einige andere, die klar von Medaillen sprachen – und scheiterten. Macht nichts. Die Einstellung war die richtige. Erfrischend.

Übrigens: Auch die Staffel und Elena Quirici sagen klar, dass sie Edelmetall wollen. Wir dürfen gespannt sein.

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