Flückiger über sein Mountainbike-Silber
«Wir bleiben noch einen Tag länger, um zu feiern»

Er wollte Olympia-Gold, es wurde Silber. Trotzdem ist Mathias Flückiger ein paar Minuten nach geschlagener Mountainbike-Schlacht schon wieder «mega stolz».
Publiziert: 26.07.2021 um 12:17 Uhr
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Aktualisiert: 26.07.2021 um 14:47 Uhr
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Mathias Flückiger nach Silber im Ziel. Er hadert damit, Gold verpasst zu haben.
Foto: keystone-sda.ch
Aufgezeichnet: Emanuel Gisi, Tokio

Blick: Mathias Flückiger, auf dem Podest sah es gerade so aus, als ob Sie Tränen in den Augen hätten. Was haben Sie im Moment der Medaillenübergabe empfunden?

Flückiger: Es war definitiv emotional. Die Stimmung hier ist toll, es ist sehr schön, dass wir Zuschauer hatten. Das hat es noch schöner gemacht. Ich habe auf dem Podest einen kurzen Augenblick ein paar Bilder Revue passieren lassen und daran gedacht, was ich alles geben musste in den letzten Wochen. Jetzt kann ich sagen: Ich bin mega stolz.

Sie hatten vor dem Rennen Gold als Ziel festgelegt. Was bedeutet Ihnen Silber?
Ich habe vor dem Rennen voll in die Mitte gezielt und habe das auch so kommuniziert, von aussen sah es vielleicht so aus, als ob ich den Mund ein bisschen zu voll genommen hätte. Aber ich würde sagen, ich habe die Ansage mit meiner Leistung bestätigt. Klar: Ich wollte wirklich gewinnen und ich lag knapp daneben, aber trotzdem ist es Silber. Am Schluss zählt eine Medaille. Natürlich: Olympiasieger wäre noch einmal ein bisschen anders gewesen. Man hat nicht viele Chancen. Ich habe hoffentlich noch einmal eine Gelegenheit in drei Jahren. Es geht ja nicht mehr so lange.

Was ist in der fünften Runde passiert?
Ich bin zweimal vom Pedal abgerutscht, beim zweiten Mal in einer Steigung, wo ich die Traktion verloren habe und hochlaufen musste. Ich verlor 6 oder 7 Sekunden und den Rhythmus. Dann war ich ein bisschen zu euphorisch, wollte Pidcock unbedingt in derselben Runde noch einholen. Auf dieser Strecke kann man in den Anstiegen nicht einfach voll in die Pedale treten, sie sind intensiv, man braucht viel Traktion. Es ist eine Frage der Physik, aber auch der Konzentration, das macht diese Strecke sehr kompliziert.

Sie haben mit der Medaille den Schritt in die absolute Weltspitze endgültig bestätigt. Wie erklären Sie diesen?
Letztes Jahr hatte ich dank der Pause durch Corona die Chance, an gewissen Grundlagen zu arbeiten. Physisch, aber auch vom Mentalen her. Ich habe mich wieder gefunden, als Mensch, als derjenige, der ich von Grund auf bin. Vielleicht war ich das früher nicht immer. Jetzt kann ich mich selber sein und bin ehrlich zu mir selber und zu anderen. Das macht es für mein Umfeld nicht immer einfach, aber um so etwas zu erreichen, muss man ehrlich sein. Covid gab mir die Chance, um mich zu finden und besser zu werden.

Sie sprechen Ihr Umfeld an. Wer ist da alles wichtig?
Viele haben Zeit und, das darf man offen sagen, auch Geld beigetragen: Die vielen kleinen Projekte, die nötig waren, mussten finanziert werden. Das heute war kein Glückstreffer, wir haben es schon ein bisschen geplant, jedes Detail kalkuliert. Das heute ist auch ein Verdienst von all denen, die mich unterstützt haben – und das Glück musste auch dazu kommen. Es war eine wahnsinnig intensive Zeit in den letzten Wochen. Ich merke es jetzt, ich bin müde. Nicht nur vom Rennen, auch von in der Vorbereitung.

Wie feiert man im Jahr 2021 eigentlich eine Olympia-Medaille?
Rausgehen können wir ja nicht, das werden wir uns nicht erlauben. Aber innerhalb des Teams feiern wir definitiv noch ein bisschen. Nino, Filippo (die Teamkollegen Schurter und Colombo, d. Red.) und ich haben abgemacht, dass wir noch einen Tag länger bleiben, damit wir etwas Zeit dafür haben. Wenn man zusammen so viel gearbeitet hat, ist feiern wichtig. Man muss geniessen können, was man erreicht hat. Und nicht einfach nach Hause gehen. Das ist in dieser Zeit manchmal ein bisschen die Gefahr.

Wie meinen Sie das?
Dass es kein Fest gibt nach einem Weltcup-Sieg zum Beispiel. Einfach, weil man nicht kann! Ich habe das letztes Jahr an der WM in Leogang gesehen (Flückiger holte Silber, d. Red.). Da bin ich alleine im Zimmer verschwunden am Abend, andere sind schon nach Hause gefahren. Das fand ich schlimm. Da geht etwas verloren. Aber dank all den Covid-Massnahmen, die wir haben, werden wir heute und morgen in unserer Bubble feiern können. Das ist wichtig, das gibt auch Energie für weitere Ziele und es schweisst zusammen.

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