Ein Italiener ist Nachfolger von Sprint-Ikone Usain Bolt – das Olympia-Gold über 100 Meter von Marcell Jacobs (26) ist eine der grossen Tokio-Sensationen. Italien ist im sportlichen Freudentaumel, einmal mehr in diesem Sommer.
Die glücklichste Frau in Italien ist Viviana Masini, die Mutter des Olympiasiegers. Sie sagt in der «Gazzetta dello Sport»: «Als Kind habe ich ihm gesagt, er würde Usain Bolt erreichen, und nun haben wir das geschafft. Das nächste Ziel ist der Weltrekord!»
Jahrelang auf dem Niveau von Alex Wilson
Hoppla! Der Weltrekord von Bolt (9,58 sec) liegt nochmals 0,22 sec von den 9,80 entfernt, mit denen Jacobs in Tokio siegt. Doch bereits diese persönliche Bestzeit verblüfft die Fachwelt. Noch 2019 an der WM in Doha läuft der ehemalige Weitspringer 10,20, er rennt ähnlich wie etwa Alex Wilson jahrelang der 10-Sekunden-Marke hinterher. Nun die Mega-Steigerung in Japan mit Europa-Rekord.
Ein bemerkenswerter Leistungssprung, zu dem etwa «Der Spiegel» schreibt: «Kaum zu glauben.» Und dann den Fakt, dass sieben der aktuell schnellsten 100-Meter-Läufer schon einmal mit Doping erwischt wurden, so kommentiert: «Bei den 100 Metern läuft das Misstrauen mit. Echte Märchen gibt es hier nur selten.»
Ohne Vater aufgewachsen
Doch zumindest Stand jetzt ist Jacobs´ Geschichte ein echtes Märchen. Seine Mutter erinnert sich daran, dass der in den USA geborene Athlet einen schwierigen Weg hinter sich hat. «Sein ganzes Leben war er ein Opfer. Sein Vater wurde nach Korea verlegt, als Marcell ein Jahr alt war. Ich musste als Vater und Mutter funktionieren», sagt Masini.
Die Eltern trennen sich, sie geht mit Jacobs als Baby aus Texas nach Italien zurück. Einen Kontakt zum Vater hat der Olympiasieger nie. Bis letztes Jahr. Jacobs, mittlerweile selber Vater, spricht erstmals mit seinem Papa, der in Dallas lebt.
Mentaler Schub für Tokio
«Ich wollte die Frage beantwortet haben, wer mein Vater ist», sagt Jacobs nach dem Gold-Triumph. «Ich habe ihn noch nie getroffen. Aber vor einem Jahr habe ich begonnen, mit ihm zu reden. Das hat mir geholfen, mit einer guten Mentalität nach Tokio zu kommen.»
Marcell Jacobs Senior schickt dem Junior vor dem Final noch SMS-Nachrichten, macht ihm Mut. Nun ist der US-Italiener der schnellste Mann der Welt. Gehen wir also vorerst davon aus, dass es mentales Daddy-Doping war, das Jacobs den Turbo zünden liess.