«Nicht Olympia-würdig!»
Schützen ärgern sich über Vorbereitung in Paris

Die Schützen erleben in der Olympiavorbereitung so manche Überraschung. Erst werden sie aus Paris verbannt, dann sorgt ein Platzproblem für Ärger und am Ende erweist sich all das vielleicht als grosser Vorteil.
Publiziert: 16.07.2024 um 17:03 Uhr
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Aktualisiert: 18.07.2024 um 15:30 Uhr
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Ein Blick auf das Schiesszentrum in Chateauroux. Das rechte Gebäude mit dem Olympia-Logo darauf ist die zusätzlich gebaute Finalhalle.
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Nicola AbtReporter Sport

Die Schweizer Schützen wurden Opfer eines Etikettenschwindels: Wo Olympische Spiele draufsteht, ist ein normaler Weltcup drin! Angefangen beim Standort der Schiessanlage. Statt wie geplant in Paris tragen die Schützen ihre Wettkämpfe in Chateauroux aus. Drei Autostunden von der französischen Hauptstadt entfernt. Dort, wo sonst der Weltcup stattfindet.

In Paris sollte – wie vor drei Jahren in Tokio – eine mobile Schiessanlage aufgebaut werden. Da für eine Disziplin (Tontaubenschiessen) kein Platz war, verlegten die Organisatoren alle Schiesswettbewerbe nach Chateauroux. Auch aus finanziellen Gründen. Zwei Anlagen zu benutzen, kostet mehr Geld. Dafür entstanden neue Probleme. 

Athleten vor schwieriger Entscheidung

Eines davon ist ironischerweise der Platz: Die Schiessanlage in Chateauroux ist zu klein für Olympische Spiele. Es mussten zusätzliche Wege geschaffen werden. Die Organisatoren bauten Türen ein und eine zusätzliche Halle für die Finals.

«Leider ist sie viel zu klein. Das ist nicht olympiawürdig!», ärgert sich Daniel Burger, Chef Spitzensport im Schweizer Schützenverband. Die Halle bietet Platz für 700 Zuschauer. «Wir bräuchten aber 4000 bis 5000 Plätze.» Knapp ein Drittel der 700 Plätze sind von Journalisten und Funktionären belegt.

Besonders schmerzhaft ist das Platzproblem für die Athleten. Sie erhalten bei einer Final-Quali nur ein Ticket. Wen aus der Familie wählen sie? «Ich gebe es meinem Vater», sagt Sportschütze Christoph Dürr. «Er hat mich von klein auf begleitet. Ohne ihn wäre ich nicht hier.» 

Die Anlage selbst gefällt dem Ostschweizer. «Man muss mit dem Wind zurechtkommen», erklärt er. Auch Burger findet die Wettkampfstätte auf den Sport bezogen Olympia würdig. «Der Schiessstand entspricht dem Schwierigkeitsgrad für einen solchen Anlass.»

Das steckt hinter der Modusänderung

Um den Schützen ein Hauch Olympia-Feeling zu vermitteln, organisierte der Veranstalter ein Olympisches Dorf. Das Problem: Es ist zu klein! Statt der benötigten rund 800 Plätze bietet es nur 500. Einige Nationen müssen auswärts schlafen und essen.

«Das ist unsere Chance», dachte sich Burger, als er erstmals von dieser Möglichkeit hörte. Seine Idee hängt eng mit der Veränderung des Wettkampfmodus zusammen. Früher waren Qualifikation und Finale am selben Tag. Bei Olympischen Spielen findet das Finale einen Tag später statt. An einzelnen Weltcups wurde das Format bereits getestet. Hinter der Modusänderung stecken TV-Anbieter. Ein spezieller Finaltag sei attraktiver, so die Begründung.

Spitzenkoch verwöhnt die Schweiz

«Nach einer guten Qualifikation klopfen dir im olympischen Schützendorf alle auf die Schulter. Da kommt man nicht zur Ruhe.» Etwas abseits gehe das besser. Und so wohnen die Schweizer in einem separaten Haus. Keine zehn Minuten von der Schiessanlage entfernt. 

«Wir haben einen eigenen französischen Koch», sagt Burger stolz. Dieser arbeitete früher in einem mehrfach ausgezeichneten Restaurant. Um den Schützen die französische Küche näherzubringen, wird er Gerichte aus verschiedenen Regionen zubereiten. In den Wochen vor der Abreise können die Athleten ihre Wünsche äussern. Diesen Luxus gibt es bei einem normalen Weltcup nicht. Also doch noch ein Hauch Olympia.


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