Mit einem Arm bindet sie Pferd Duke an, striegelt ihn liebevoll. Auch wenn Annette Fetscherin (41) nach ihrem Armbruch noch eingeschränkt ist, lässt sie es sich nicht nehmen, regelmässig auf dem Hof in Seuzach ZH vorbeizuschauen. «Hier kann ich einfach abschalten», erzählt die SRF-Sportmoderatorin. Mit den Folgen des Unfalls habe sie sich abgefunden – aber nicht angefreundet. «Aber da muss ich jetzt durch. Es ist einfach ein doofer Zeitpunkt.» Denn privat verpasst die leidenschaftliche Pferdesportlerin die aktuelle Polosaison, beruflich war sie mit den EM-Studiosendungen eingespannt.
Was passiert ist? «Ich war auf dem Polofeld und habe ein paar Bälle geschlagen. Das Pferd ist dann gestolpert und umgefallen. Ich knallte auf den Boden und wollte mich aus Reflex mit dem Handgelenk abstützen – was keine gute Idee war.» Sie habe direkt realisiert, dass die Situation ernst ist – so ernst, dass Fetscherin operiert werden musste. Die Diagnose der Ärzte: ein komplizierter Armbruch.
Rückkehr vor Augen gehabt
Doch bereits eine Woche nach dem Eingriff sass sie wieder im TV-Studio. «Ich hatte die Sendung immer als Ziel vor Augen. Das hat geholfen.» Trotzdem war die schnelle Rückkehr für sie eine grosse Herausforderung. «Der Gips war unhandlich, ich musste noch viele Medikamente nehmen. Am Abend nach der Sendung war ich wirklich froh, als ich ins Bett konnte.»
Auch wenn die vergangenen Wochen herausfordernd waren, kommt die Sportjournalistin sofort ins Schwärmen, wenn sie von der Arbeit spricht. Nicht ohne Grund: Sie erlebt beruflich gerade das Jahr ihres Lebens. Egal ob Eishockey-WM, Fussball-EM oder Olympische Spiele, Annette Fetscherin ist an vorderster Front dabei. Sie freue sich sehr über das Vertrauen ihrer Vorgesetzten.
Gleichzeitig sei diese intensive Zeit auch herausfordernd. So durfte sie nach dem überraschenden Finaleinzug der Eishockey-Nati an der Weltmeisterschaft direkt aus Prag (Tschechien) berichten. Nur wenige Stunden hatte sie nach der Rückkehr Zeit, um für ihren bevorstehenden Umzug zu packen.
Auch privat im Glück
Im vergangenen Jahr machte die gebürtige Thurgauerin ihre Beziehung zum ehemaligen Fechter Benjamin Steffen (42) offiziell. Trotzdem habe sie die Zügelkisten nicht gepackt, um mit ihrem Schatz zusammenzuziehen. «Er wohnt berufsbedingt in Basel, was wiederum für mich mit den Pferden und der Arbeit schwierig wäre.» Darum würden sie für Zeit zu zweit zwischen ihrem Zuhause in der Nähe von Winterthur und seinem in Basel pendeln. Ihre Beziehung hält das Paar raus aus der Öffentlichkeit. «Ich musste in der Vergangenheit auch schon negative Erfahrungen damit machen, darum halte ich mich da zurück. Aber so viel kann ich verraten: Ich bin sehr glücklich mit Benjamin.»
Noch 2021 trat Benjamin Steffen bei den Olympischen Spielen in Tokio (Japan) an. Danach hat sich der Fecht-Weltmeister in der Mannschaftskategorie jedoch vom Wettkampfsport zurückgezogen. «Es wäre sonst noch speziell gewesen, wenn ich an Olympia seinen Wettkampf hätte anmoderieren müssen», meint Fetscherin lachend.
Doch bevor es mit den Olympischen Spielen am 26. Juli losgeht, nimmt sie sich noch Zeit, um durchzuatmen. «Mit dem Auto geht’s nach Italien», sagt sie. Bewusst habe sie sich gegen einen langen Flug entschieden. «Ich wollte einfach nochmals ein bisschen Energie auftanken, bevor es nach Paris geht. Und das kann man am besten, wenn man irgendwo ist, wo man nicht direkt die Arbeit im Kopf hat.» Danach werde sie sich dann aber nochmals vier Tage intensiv mit der Grossveranstaltung auseinandersetzen, bevor es in die französische Hauptstadt geht.
Auch wenn es die vielen Livesendungen in sich haben, kann Annette Fetscherin die Olympischen Spiele kaum erwarten. «Ich freue mich sehr, dass ich die TV-Gastgeberin vor Ort sein darf.» Im Wechsel mit Kollege Lukas Studer (47) übernimmt sie die Moderation aus dem Studio, das auf dem Trocadéro-Platz im Herzen von Paris steht. «Zwischen den einzelnen Wettkämpfen schaltet man zu uns, und Schweizer Gewinnerinnen und Gewinner kommen zum Interview vorbei», erklärt Fetscherin. Für die SRF-Frau sind es bereits die vierten Olympischen Spiele – «zwei davon aber unter Corona-Bedingungen. Und das war einfach nicht dasselbe. Ich kann die Euphorie vor Ort kaum erwarten.»
Genesung dauert noch Monate
Ihre beiden Poloponys werden in dieser Zeit, genau wie jetzt während ihres Armbruchs, von einem Mitarbeiter des Pferdehofs betreut. Nach den Olympischen Spielen dürfe sie dann aber die Schiene abziehen und sich wieder um ihre Tiere kümmern. Bis sie selbst wieder an Wettkämpfen teilnehmen kann, ist jedoch Geduld gefragt. «Ich muss danach noch einige Monate in die Physio, um die Muskeln wieder aufzubauen.»
Darauf angesprochen, wovon sie im Leben noch träume, muss Annette Fetscherin einige Sekunden lang überlegen. «Im Moment habe ich das Gefühl, ich bin eigentlich dort, wo ich sein möchte. Der Job ist so cool, so viel Abwechslung, so viele Herausforderungen. Es ist nicht so, dass es irgendwie langweilig wird. Auch im Privaten geht es mir gut und bin ich glücklich. Ich habe also keinen Grund, etwas zu ändern.» Nach einer kurzen Pause fällt ihr dann doch noch etwas ein. Fetscherin meint mit einem Lächeln im Gesicht: «Mein grösster Traum ist gerade, dass ich diese Saison doch noch Polo spielen kann.»