Kugelstosserin zeigt ihr Gesicht nicht
Die Maske von Raven Saunders ist eine Botschaft

Kugelstosserin Raven Saunders ist mit ihrer Maske eine Erscheinung. Doch hinter der unheimlichen Fassade steckt eine bewegende Geschichte.
Publiziert: 08.08.2024 um 16:21 Uhr
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Aktualisiert: 09.08.2024 um 09:26 Uhr
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Eine Erscheinung: Raven Saunders mit ihrer Maske an den Olympischen Spielen in Paris.
Foto: keystone-sda.ch
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Björn LindroosRedaktor Sport und People

Im weiten Rund des Stade de France fällt sie sofort auf. Die US-amerikanische Kugelstosserin Raven Saunders (28) ist anders als ihre Konkurrentinnen. Die 1,65 Meter kleine und rund 109 Kilo schwere Frau trägt während der Wettkämpfe eine Maske und eine Sonnenbrille, ihr Gesicht verdeckt sie komplett.

Die Maske nutze sie zum einen als Konzentrationshilfe. Zum anderen sei es auch ein Symbol. Denn Saunders trägt oft eine Maske mit dem Design von Marvel-Figur Hulk. Sie könne sich mit der Figur identifizieren. Denn ähnlich wie Bruce Banner, der sich im Film zu Hulk verwandelt, habe sie gelernt, mit ihren eigenen Dämonen umzugehen. Auch auf Instagram tritt sie unter dem Künstlernamen «Hulk» auf.

Geste in Tokio

Während der erste Anblick etwas furchteinflössend sein mag, verbirgt sich unter der Maske aber eine Athletin mit einer bewegenden Geschichte.

Saunders lebt offen lesbisch und setzt sich in der Öffentlichkeit für die Rechte von Minderheiten ein. Ihren bisher grössten sportlichen Erfolg, den Gewinn der olympischen Silbermedaille in Tokio 2021, nutzte sie, um eine politische Botschaft für schwarze Menschen, die LGBT-Community und psychisch kranke Menschen zu senden. Mit der Medaille um den Hals formte sie auf dem Podest die Arme über dem Kopf zu einem X.

Die Leidensgeschichte

Die US-Amerikanerin selbst hatte lange mit psychischen Problemen zu kämpfen. 2018 wurden bei ihr Depressionen, Angstzustände und ein posttraumatisches Stresssyndrom diagnostiziert.

Sie war so verzweifelt, dass sie kurz davor war, sich das Leben zu nehmen. «Ja, ich war bereit, mir das Leben zu nehmen», sagte sie kurz vor Tokio 2021 in einem Interview. «Ich war jung, schwarz und lesbisch. Ich hatte wirklich das Gefühl, dass es keinen Ausweg für mich gibt.»

Doping-Sperre

Nach einem Gespräch mit ihrer Psychologin wurde sie schliesslich in eine psychiatrische Einrichtung in Memphis eingewiesen. Die Behandlung brachte sie zurück auf den richtigen Weg, und 2020 kehrte sie in den Wettkampfsport zurück.

Doch Saunders sorgte auch schon für negative Schlagzeilen. Vergangenes Jahr wurde sie wegen Dopings gesperrt. Rechtzeitig für Paris 2024 ist die Sperre abgelaufen, und Saunders will wieder hoch hinaus. Ganz im Stil von Hulk eben.

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