«Ich bin schon ein bisschen nervös», meldet Kevin Bozon (28) an diesem Mittwochmittag. Als Blick ihn erreicht, befindet er sich gerade auf dem Weg nach Paris, um seine Freundin Angelica Moser (26) zu unterstützen, die am Mittwochabend im Stabhochsprung um die Medaillen kämpft. «Einen guten ersten Schritt hat sie mit dem Einzug in den Final schon gemacht. Jetzt hoffe ich, dass sie es geniessen kann, an einem so grossen Wettbewerb teilzunehmen und dann werden wir sehen, was dabei herauskommt», so der Stürmer des HC Ajoie voller Vorfreude.
Derzeit hindert ihn eine Unterkörper-Verletzung daran, auf dem Eis zu trainieren, weshalb ihm sein Klub den Kurztrip nach Paris erlaubt hat. «Doch ich war heute Morgen im Gym und werde morgen Vormittag bereits wieder dort zurück sein, denn ich will keine Einheit verpassen», sagt Bozon voller Tatendrang.
Ein Geschwür im Mund
Diese Unterkörperverletzung ist jedoch nur ein Klacks im Vergleich dazu, was Bozon diesen Frühling und Sommer durchgemacht hat. Schon zu Saisonende fühlte er sich nicht mehr bei 100 Prozent, «aber ich biss mich bis nach der WM durch und versuchte, Ajoie und dem französischen Nationalteam zu helfen», erzählt der französische Nationalspieler, der wegen einer Schweizer Lizenz das Ausländerkontingent nicht belastet.
Doch als er nach der Saison bei seinen Eltern in Frankreich weilt, bekommt er plötzlich grosse gesundheitliche Probleme, die später von Ärzten als die schwere Darmkrankheit Morbus Crohn diagnostiziert werden. «Diese betrifft verschiedene Organe. In meinem Fall war es zunächst ein sehr schmerzhaftes Geschwür im Mund, das mich daran hinderte, normal zu essen, zu trinken oder zu sprechen. Deshalb habe ich 10 Kilo an Körpergewicht verloren», erzählt Bozon.
Hockeykarriere soll nicht gefährdet sein
Morbus Crohn ist bislang nicht heilbar, mit einer passenden Behandlung lassen sich jedoch die Symptome und Beschwerden lindern, so dass sich gut damit leben lässt. «Es wurde eine Anfallbehandlung eingeleitet und seitdem geht es mir wieder besser. Die Ärzte glauben, dass bei passender Behandlung die Ausübung meines Sports unverändert bleibt», zeigt sich Bozon wieder sehr optimistisch.
«Es war ein wirklich schwieriger Sommer, mit vielen Terminen zur Problemsuche und Behandlungen», gesteht Bozon, betont aber auch: «Ich will nicht klagen. Durch die Behandlungen und die Menschen um mich herum habe ich gesehen, dass es noch viel Ernsteres gibt als meine Krankheit. Ich habe diese angenommen und akzeptiert. Und selbst wenn sie meine Vorbereitung gestört hat, werde ich für die Meisterschaft bereit sein – es gibt keine Ausreden! Ich habe enorm hart gearbeitet und bin weiterhin daran, mir die verloren gegangenen Kilos wieder anzutrainieren.»
«Angelica hat mich enorm unterstützt»
Seine Eltern hätten ihn vom ersten Tag, an dem die akuten Symptome auftraten, bis heute mit Rat und Tat begleitet, wofür er sehr dankbar sei. «Aber auch Angelica hat mich enorm unterstützt, selbst wenn sie nicht immer da sein konnte», betont Bozon. Der Hockeyspieler und die Leichtathletin sind seit zweieinhalb Jahren ein Paar.
Dafür ist er heute in Paris mit von der Partie, weil ihn derzeit eine ebenfalls noch zugezogene Unterkörperverletzung bis nächste Woche vom Eistraining abhält. Und wenn Kevin seine Angelica am Abend in den Arm nehmen kann und diese auch noch mit Edelmetall um den Hals dekoriert wäre, dann wäre das ein schönes Happy End nach einem schwierigen Sommer.