Obwohl Swiss Athletics einer der wichtigsten Sportverbände ist, fehlt die Leichtathletik im Exekutivrat von Swiss Olympic. Das könnte sich nun markant ändern – als erster Verband präsentiert Swiss Athletics mit alt Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold (59) offiziell eine Kandidatin für das ab 2025 offene Präsidium. Der bisherige Swiss-Olympic-Boss Jürg Stahl (56) tritt Ende 2024 ab.
Leichtathletik-Präsident Christoph Seiler sagt gegenüber Blick über die Portierung der früheren CVP-Bundesrätin: «Unser Anspruch von Seiten von Swiss-Athletics ist es, wieder einen Sitz im Exekutivrat zu besetzen.» Geboren wurde die Idee im vergangenen Sommer an der Leichtathletik-WM in Budapest.
Kommentar zur Kandidatur von Metzler-Arnold
Die Idee nahm rasant Form an
«Ruth Metzler-Arnold war beruflich in der Stadt, wir trafen uns beim Swiss-Athletics-Empfang in der Schweizer Botschaft. Da wurden die ersten Kontakte geknüpft – und sie verriet uns, dass sie freie Tage an ihre Geschäftsreise anhängte, um im Stadion mit Simon Ehammer mitzufiebern. Die Leidenschaft für diesen Sport ist bei ihr gross.»
Auch weil sich Sportministerin Viola Amherd mehr Frauen im Sport wünscht und deshalb für die Stahl-Nachfolge auf die erste Frau in diesem Amt pocht, ist Metzler-Arnold auf einen Schlag in der Pole-Position. Es dürfte auch bei möglichen Kandidaten wie Swiss-Ski-Boss Urs Lehmann (54) und Ex-FC-Basel-Präsident Bernhard Heusler (60) zu einer neuen Ausgangslage führen, ob man sich wirklich offiziell aufstellen lassen will.
Es geht längst nicht nur um Olympische Spiele
Was beinhaltet die Aufgabe? Der Swiss-Olympic-Vorsitz ist viel mehr als ein Grüssaugust für die Sport-Schweiz. Auf dem Papier ist es ein ziemlich bürokratisch geprägtes 50-Prozent-Pensum, übrigens mit 90’000 Franken entlöhnt. Der Präsident oder womöglich bald die Präsidentin leitet den achtköpfigen Exekutivrat, führt Sportparlamentsentscheide aus, hält die Kommunikation mit dem Bundesamt für Sport, besucht IOC-Kongresse – und hat erst dann auch noch eine ganze Reihe von Repräsentationspflichten. Mit riesiger Bandbreite: Von der Jugend-Olympia in Südkorea bis zu Anlässen in der Schweiz der 83 Mitgliedsverbände, die vom Tchoukball- bis zum Ski-Verband die ganze Palette umfasst.
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Für Insider ist klar, dass der Stundenaufwand aktuell von Stahl bei weitem die 50 Prozent überschreitet, das dürfte sich auch bei einer Wahl von Metzler-Arnold nicht ändern. Auf sie würden bei einer erfolgreichen Wahl diese fünf Baustellen warten:
Mehr Geld für den Sport beschaffen
Erfolg kostet. Der öffentlichen Hand und auch privaten Sponsoren so viel Millionen abzuringen, dass auch in Zukunft internationale Erfolge möglich sind, steht ganz oben auf der Prioritätenliste.
Die Winterspiele 2038 ins Land holen
Unter Stahl wurden die Winterspiele 2030 anvisiert, nun wird das IOC mit der Schweiz über 2038 reden. Ob Metzler-Arnold die vielen Fragezeichen beheben kann? Eine Herkulesaufgabe.
Die European Championships 2030 pushen
Für eine Durchführung in der Schweiz dieser Mini-Olympia für Sommersportarten wird momentan eine Machbarkeitsstudie erstellt. Klar, dass bei Metzler-Arnold als Leichtathletik-Vertreterin dieser Grossanlass viel Goodwill geniesst.
Swiss Sports Integrity neu aufgleisen
Die neue, bei den Dopingbekämpfern angegliederte Ethik-Meldestelle ist heillos überlastet. Es gibt dringenden Handlungsbedarf.
Frauensport fördern
Das Vorbild von Swiss Athletics mit Kambundji und Co. als Aushängeschilder muss allgemeingültig werden im Schweizer Sport. Wie viel es da zu tun gibt, zeigt das jüngste Beispiel aus dem Bundesrat, der lächerliche 4 Millionen für die Frauenfussball-EM 2025 springen lassen will.
Doch bis Metzler-Arnold allenfalls diese Baustellen in Angriff nehmen kann, dauert es bis mindestens Ende Jahr. Die Wahl findet am 22. November im Sportparlament statt – und noch ist offen, ob sich weitere Kandidatinnen oder Kandidaten aufstellen lassen.