Sie hat es schon wieder getan: Ester Ledecka (26) gewinnt schon wieder Gold im Parallel-Riesenslalom. Auf dem Snowboard, muss man anmerken. Reihenweise scheitern ihre Konkurrentinnen an der nervenstarken Tschechin. Fast in Ehrfurcht erstarren die Gegnerinnen, riskieren gegen sie alles – und schaffen es eine nach der andern nicht, Ledecka abzufangen. Die «Verrückte» schnappt sich Gold und verteidigt so ihren Titel von Pyeongchang vor vier Jahren.
«Ester Ledecka ist noch verrückter»
Eigentlich gilt ja Sofia Goggia (29) als verrückteste Athletin im Ski-Zirkus der Frauen. Keine riskiert auf der Piste mehr als die Italienerin, bei keiner ist der Grat zwischen Genie und Wahnsinn so schmal. Aber ist das wirklich so? Als Lara Gut-Behrami vor einem Jahr genau dazu befragt wurde, sagte sie: «Ester Ledecka ist noch verrückter.»
Gut-Behrami bezog sich damals auf den risikoreichen Fahrstil der Tschechin. Sie hätte aber gut und gerne über Ledecka als Sportlerin und Privatperson sprechen können. Die 26-Jährige ist die einzige Athletin, die in zwei komplett verschiedenen Sportarten Weltklasse ist – auf dem Snowboard und auf den Ski. 2018 gewann Ledecka Olympia-Gold auf zwei Latten (Super-G) und doppelte eine Woche später auf einem Brett nach (Parallel-Riesenslalom). Es war eine Sensation.
Sie wird doch nicht wieder …?
Vier Jahre sind seither vergangen. Und manch einer fragte sich vor Ledeckas erstem Einsatz in Peking am Dienstag im Parallel-Riesenslalom: «Sie wird doch nicht wieder …?» Die Chancen dazu waren klein. Aber das waren sie auch schon in Pyeongchang. Und: Ledeckas Bilanz in beiden Sportarten ist, vor allem beim Snowboard, stark. Dort fuhr sie in diesem Winter zwei Rennen – eines gewann sie, beim anderen wurde sie Zweite. Auf den Ski schaffte sie es in den letzten vier Speed-Events immer in die Top 10, bei der Abfahrt in Cortina stand sie als Dritte gar auf dem Podest. Und siehe da: Die Tschechin schreibt auch in Peking weiter an ihrer Legenden-Geschichte, hängt alle ab und sich Gold um den Hals.
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Würde sich Ledecka auf eine Sportart konzentrieren, wäre sie noch besser. «Wählen? Wenn ich das müsste, würde ich ganz aufhören», wischt sie diese Vermutung beiseite. Und irgendwie passt ihr spezieller Weg zu ihr. Warum? Ledeckas Vater ist in Tschechien ein bekannter Sänger, ihr Grossvater wurde 1972 Eishockey-Weltmeister, ihre Mutter war Eiskunstläuferin und ihr Bruder ist ein begabter Comic-Zeichner – er designt Ledeckas Ski-Anzüge in den Farben einer Superheldin. Ledecka lachend: «Meine Familie ist ein wilder Mischmasch – aber es funktioniert!»