Kamila Walijewa
Sie kann gar nicht so viel dafür und trotzdem steht sie für alles, was bei Olympischen Spielen falsch läuft. Der tragische Fall der Eiskunstläuferin Kamila Walijewa (15) erinnert daran, dass in Russland auch 2022 Doping von Kindern kein Tabu zu sein scheint. Und dass das IOC mit seiner halbgaren Lösung, die Russen als Folge des Staatsdopings von Sotschi ohne Flagge und Hymne zuzulassen, die Probleme nicht gelöst hat. Walijewa zerbricht am Druck, in der Einzelkür versagt sie komplett, bleibt ohne Medaille. Als sie vom Eis geht, wird sie von ihrer Trainerin Eteri Tudberidze zusammengestaucht. Furchtbar.
Eileen Gu
Sie schreibt die wohl grösste sportliche Erfolgsgeschichte. Der Druck auf Eileen Gu war gross, nicht wenige erwarteten den Gold-Hattrick von der 18-Jährigen. Am Ende gibts Gold im Big Air und der Halfpipe, im Slopestyle holt sie hinter Mathilde Gremaud Silber. Rekord: Noch nie holte eine Freestylerin dreimal Edelmetall bei Olympischen Spielen. Der Hype um die chinesisch-amerikanische Alleskönnerin kennt im Austragungsland keine Grenzen, in den USA muss sie jedoch viel Kritik einstecken. «Es waren zwei volle Wochen mit den intensivsten Höhen und Tiefen, die ich je in meinem Leben erlebt habe. Es hat mein Leben für immer verändert», sagt Gu nach ihrer dritten Medaille.
Beat Feuz
Es ist der emotionalste Schweizer Moment bei diesen Spielen – der sonst so abgebrühte Beat Feuz bricht ein paar Minuten nach seiner Gold-Fahrt in der Abfahrt in Tränen aus. Der ultimative Auslöser ist eine Facetime-Session mit seiner Freundin Katrin und den beiden Töchtern Clea und Luisa. «Katrin ist ganz allein mit den Mädchen zu Hause. Aber sie meistert das bravourös. Dank ihr kann ich am Start stehen, ohne dass ich mir Gedanken machen muss.» Gedanken machen sich aber viele Feuz-Fans bezüglich der Zukunft des Kugelblitzes. Sagt der Emmentaler auf dem Höhepunkt seiner Karriere «Tschou zämä?» Der 35-Jährige wird sich mit dieser Entscheidung Zeit lassen. Fix ist, dass er gemessen an Titeln als erfolgreichster Schweizer Abfahrer in die Geschichte eingehen wird. Er ist der Erste seit Jean Claude Killy, der den «Downhill-Grand Slam» (Wengen, Kitzbühel, WM und Olympia) gewinnen konnte.
Marco Odermatt
Die Erwartungshaltung ist gigantisch. «Odermatt kann drei Goldmedaillen gewinnen» orakelt Bernhard Russi vor dem Olympia-Start. Doch nach der ersten China-Woche tritt der Weltcup-Leader (6 Saisonsiege) im Zielraum entnervt gegen einen Absperrzaun. Was ist das Problem? Weil sein Material auf diesem besonderen Schnee nicht mit den Head-Piloten mithalten kann, kommt Odermatt in der Abfahrt nicht über den 7. Rang hinaus. Und im Super-G scheidet er nach starken Zwischenzeiten aus. Deshalb ist der Druck, der vor dem Riesenslalom auf den Schultern des 24-Jährigen lastet, fast unmenschlich. Doch Marco hält der Mega-Belastung stand und wird Riesen-Olympiasieger.
Johannes Strolz
Jetzt ist alles aus! Das denkt sich Johannes Strolz im letzten Frühling, als er vom ÖSV aus dem Kader gestrichen wird. Der 29-Jährige will sich einen neuen Job suchen, bis ihm sein berühmter Vater Hubert (Kombi-Olympiasieger 1988) gut zuredet: «Du musst weiterkämpfen, weil du alles für eine grosse Karriere mitbringst!» Johannes hört auf seinen Papi. Einen Servicemann kann er sich aber nicht leisten, er präpariert die Ski selber. Beim Slalom in Adelboden sichert er sich mit dem Sensationssieg mit der Startnummer 38 das Olympia-Ticket und schreibt in China ein Märchen: Strolz gewinnt wie sein Vater vor 34 Jahren in Kanada Gold in der Kombination, doppelt mit Slalom-Silber nach und beendet die Spiele mit Gold im Teamevent. Wow!
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Shaun White
«Vielen Dank, Snowboarding. Du warst die Liebe meines Lebens.» Mit diesen Worten verabschiedet sich Shaun White unter Tränen nicht nur von der Olympischen Bühne, sondern beendet die vielleicht grösste Karriere eines Wintersportlers. Obwohl bereits zurückgetreten, meldete er sich noch einmal zurück. Das Ziel: die fünfte Olympia-Teilnahme und die vierte Goldmedaille. Das Märchen endete nicht ganz perfekt, der US-Amerikaner landet als Vierter knapp neben dem Podest. Dies machte den Abschied nicht weniger emotional. Der 35-Jährige hat seinen Sport geprägt, wie kein anderer, hat weltweit Millionen mit seiner Art und Tricks inspiriert. «Für alle, die heute hier gefahren sind, war Shaun ein Kindheitsidol», sagte Bronze-Gewinner Jan Scherrer.
Dario Simion
Für Dario Simion ist nicht Olympia zum Vergessen. Dem Nati- und EVZ-Stürmer klebt schon die ganze Saison das Pech an den Schlittschuhen. Ende Oktober wurde der 27-Jährige in einem Spiel von der Kufe eines Gegners getroffen, er trug eine tiefe Schnittwunde am Unterschenkel davon. Diese Verletzung setzte ihn bis Mitte Januar ausser Gefecht. Nur neun EVZ-Partien bestritt er, bevor ihn Nati-Trainer Patrick Fischer für Olympia nominierte. Wohl weil er wusste: Zusammen mit Kumpel Grégory Hofmann könnte er die Offensive rocken. Könnte. Denn Simion verbrachte nur eine Nacht im Olympischen Dorf. Weil sein Corona-Test positiv ausgefallen war, wurde er in Isolation gebracht. Dort blieb der arme Tropf neun (!) Tage eingesperrt, bis er am Tag vor dem Viertelfinal gegen Finnland wieder zum Team stossen durfte. Simions bittere Bilanz: 5:56 Minuten Olympia-Eiszeit.
Fanny Smith
Ihre Teilnahme stand auf Messers Schneide, 32 Tage lang gab Fanny Smith nach ihrem Sturz in Nakiska alles, um doch noch in Peking an den Start zu gehen. Doch belohnt wird sie für ihre Mühen nicht. Die Waadtländerin fährt trotz lädiertem Knie und Trainingsrückstand auf den dritten Platz und holt die Bronzemedaille – vermeintlich. Die 29-fache Weltcupsiegerin wird disqualifiziert, weil ihr bei einem Ausweichmanöver absichtliche Behinderung ihrer Gegnerin unterstellt wird. «Unsinn», sagt Coach Ralph Pfäffli, Smith ist «am Boden zerstört». Sie und das Trainerteam protestieren, doch die Jury bleibt beim Beschluss. Swiss-Ski hat inzwischen Rekurs gegen die Wertung eingelegt – mit sehr geringen Erfolgsaussichten.
Michelle Gisin
Den Europapark dürfte Michelle Gisin für die nächsten Jahre meiden. Warum? Weil sie von Achterbahnfahrten wohl mehr als genug hat. Wie schon nach ihrer Erkrankung am Pfeifferschen Drüsenfieber ging es auch bei Olympia rauf und runter. Es gab Tränen der Enttäuschung im Slalom (6.) und Tränen des Glücks im Super-G (Bronze). Dann der immense Frust, weil sie in der Abfahrt nicht starten durfte. Gisin ging in den verbalen Angriffsmodus und attackierte den Verband («Es wurden Sprüche gemacht, die man nicht hätte machen sollen»). Und schliesslich holte sie nach 2018 ihren zweiten Olympia-Sieg in der Kombi dank eines fulminanten Slaloms. Nun will Gisin nur etwas: Keine Achterbahnfahrt mehr.
Lara Gut-Behrami
Geschafft! Lara Gut-Behrami krönte ihre Karriere mit dem ersten Olympiasieg ihrer Karriere. Wo? Natürlich beim Super-G – also der Disziplin, für die sie wie geboren scheint. Zwar weinte die Tessinerin auf dem Podest vor Glück, doch von einer Erlösung wollte sie nichts wissen. «Mein Leben ist wegen dieser Goldmedaille nicht mehr wert», sagte sie. So sehr Gut-Behrami sei 15 Jahren durch ihre Art aneckt, so unbestritten ist ihre Klasse auf den Ski. Nun ist es auch statistisch untermauert: Gut-Behrami ist eine der grössten Schweizer Sportlerinnen aller Zeiten. Werden wir die 30-Jährige vielleicht doch noch einmal bei Olympischen Spielen sehen? «Das glaube ich nicht. Da hab ich irgendwann Besseres zu tun», sagt sie schmunzelnd.
Mikaela Shiffrin
Ski-Legende Lindsey Vonn sagte vor zwei Wochen: «Mikaela kann bei jedem ihrer Rennen die Goldmedaille gewinnen.» Und was wurde daraus? Nichts. Im Gegenteil, Shiffrin erlebte Winterspiele des Grauens. In Slalom, Riesenslalom und beim Kombi-Slalom lag sie schon nach wenigen Toren im Schnee. «Ich bin hier häufiger ausgeschieden als in meiner ganzen Karriere», sagte sie. Im Weltcup brauchte sie dafür zuletzt vier Jahre. Shiffrin wurde im Netz mit Beleidigungen eingedeckt. «Dumme Blondine», «Narzisstin» und «Versagerin», hiess es da – Sie veröffentlichte die Posts und musste danach im Teamevent eine weitere Enttäuschung wegstecken – bloss Rang 4. Die Amerikanerin reiste ohne Medaille aus Peking ab.