Es ist an der Grenze zur Peinlichkeit. Die einstige Wintersport-Grossmacht Finnland gewinnt bei den Olympischen Spielen in Peking lediglich zwei Goldmedaillen und landet im Medaillenspiegel auf Platz 16. Einen Rang vor Australien und Neuseeland.
Desaströs ist vor allem der Auftritt des Alpin-Teams. Drei Frauen und ein Mann sollten die finnische Fahne im Riesen und im Slalom hochhalten. Von diesem Quartett ist aber niemand in die Top 30 gefahren. Dabei ist es noch nicht allzu lang her, als «Suomi» mit Tanja Poutiainen (11 Weltcupsiege) und Kalle Palander (Slalom-Weltmeister 1999) in dieser Domäne gleich zwei Top-Stars hatte.
«Zu wenig Geld»
Worauf basiert dieser Totalabsturz? Osi Inglin weiss es ganz genau. Der Innerschweizer, der jahrelang in verschiedenen Funktionen erfolgreich bei Swiss-Ski tätig war, ist seit bald zwei Jahren Cheftrainer der finnischen Männer-Truppe. Er wird seinen im Frühling auslaufenden Vertrag aber nicht verlängern. «Die Arbeit mit den Jungs würde mir zwar weiterhin Spass machen, aber die finanziellen Umstände lassen hier keine professionelle Arbeit zu. Man hat mir zu Beginn meiner Tätigkeit viel versprochen und sehr wenig eingehalten.»
Inglin wird konkret: «Ich habe derzeit im Europacup vier junge Burschen, aus denen man unter ordentlichen Bedingungen Rennfahrer formen könnte, die im Weltcup regelmässig in die Top 30 fahren. Aber weil wir viel zu wenig Geld zur Verfügung haben, können wir die Europacup-Saison nicht zu Ende fahren. Und zur Junioren-WM nach Kanada reisen wir nur deshalb, weil diese Talente einen Teil der Kosten selber bezahlen.»
Dabei hat der finnische Verband dank Inglin schon seit längerer Zeit deutlich weniger Hotelkosten. «Die Athleten wohnen zwischen den Rennen meistens in meinem Haus in Grüsch.»
Bis im letzten Herbst wurden die jungen Männer von Osis Frau Corina bekocht und therapiert. Doch dann hat die medizinische Masseurin ihren langen Kampf gegen den Krebs mit nur 47 Jahren verloren. «Die erste Krebs-Diagnose hat Corina bereits 2006 erhalten. Das war auch der Grund, warum ich damals als Cheftrainer bei den Schweizer Frauen zurückgetreten bin», verrät Inglin, der nach dem ersten Schock gemeinsam mit seiner grossen Liebe neue Hoffnung schöpfen durfte.
Athleten sind willkommene Abwechslung
«Bei der ersten Operation wurde ein Tumor in der Grösse eines Eis aus ihrem Gehirn entfernt. Danach hat sie zehn Jahre gut gelebt, bis der Krebs wieder überhandnahm. Trotzdem hat Corina ihre lebensbejahende Art bis zuletzt nie verloren.» Nach dem Verlust seiner Frau ist Osi noch näher mit seinen Athleten zusammengerückt. «Wenn ich nach einem Wettkampf nach Hause gekommen bin, hat mir die Leere im Haus extrem zu schaffen gemacht. Deshalb ist es für mich auch eine willkommene Abwechslung, wenn meine Athleten das Haus beleben.»
Aber eben, bald wird Osi nicht mehr Finnland-Trainer sein. Was der 53-Jährige in Zukunft tun wird, ist noch unklar. «Bis jetzt haben drei Verbände bei mir angeklopft, konkrete Gespräche habe ich aber noch nicht geführt.»