Die zweitletzte Kurve kostete den Eisschnellläufer eine Olympia-Medaille
Livio Wenger: «Es tut gerade verdammt weh»

Eine Berührung an der Hüfte wirft Livio Wenger (29) im Final aus dem Medaillen-Rennen. Der Luzerner hadert nicht nur damit, sondern mit den Widrigkeiten der letzten Monate.
Publiziert: 19.02.2022 um 11:29 Uhr
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Als Dritter seines abgeklärten Halbfinal-Laufs zieht Livio Wenger souverän in den Final des Massenstarts ein.
Foto: keystone-sda.ch
Nicole Vandenbrouck aus Peking

Es ist nur ein kurzer Augenblick in der zweitletzten Kurve – aber er entscheidet, dass Mitfavorit Livio Wenger im Massenstart nicht mehr um eine Olympia-Medaille mitläuft. Ohne sich schon eine Wiederholung des Rennens angesehen zu haben, sagt der Luzerner nach dem Final: «Eventuell hat mich jemand an der Hüfte berührt. Das trieb mich weit hinaus. Da wusste ich, dass das Rennen verloren ist, weil ich müde Beine hatte.»

Bis dahin läuft der 29-Jährige ein nahezu perfektes Rennen. Fünfzehneinhalb Runden lang. Wenger positioniert sich hinter dem späteren Sieger Bart Swings (Be). Dass er dies hierarchisch darf, hat sich der Eisschnellläufer in der letzten Weltcup-Saison hart erarbeitet. Zwei Runden vor Schluss ist er Dritter. «Ich kann mir wirklich nichts vorwerfen.» Dann die verhängnisvolle Szene. «Vielleicht war ich im Moment der Berührung leicht instabil.» Er hadert.

Denn im Vergleich zu Olympia 2018 in Pyeongchang, wo Wenger als Aussenseiter auf den 4. Platz gelaufen ist, startet er in Peking mit dem realistischen Medaillen-Ziel. Er verpasst es als Siebter. «Es tut gerade verdammt weh. Irgendwann kommt vielleicht noch der Stolz über diesen Diplom-Platz, aber im Moment überwiegt die Enttäuschung.»

Es ist allerdings nicht nur der geplatzte Medaillen-Traum, der den Vize-Europameister beschäftigt. Sondern die widrigen Umstände der letzten Wochen und Monate. Die Corona-Infektion im Dezember habe ihn viel Kraft gekostet. Letzte Woche legt ihn dann eine heftige Erkältung flach. «Auch da habe ich wieder an Stärke verloren.»

Täglich muss abgewogen werden, ob Wenger trainieren kann oder sich erholen muss. Er macht sich sogar Sorgen, ob er rechtzeitig fit genug ist. «Da war ich froh, hatte ich meine Schwester an meiner Seite. Ich war wohl kein einfacher Bruder in dieser Zeit.» Schwester Nadja verpasst als Zehnte ihres Laufes den Final-Einzug nur knapp.

Dass die Wengers in der Weltspitze des Eisschnelllaufs präsent sind, ist laut Livio grossartig für die kleine Schweiz. Und er betont, dass die Motivation wieder aufflammen wird, um 2026 in Italien angreifen zu können. Aufmunternde Worte gibts auch von Seung Hoon Lee (Kor), Olympiasieger von 2018 und hier Bronze-Gewinner:«Lee sagte mir nach dem Final, dass meine Zeit dann kommen wird.»

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