In der beeindruckenden Breite an Top-Stars im US-Basketball ist Stephen Curry (36) bislang nicht als derjenige hervorgegangen, der die grössten Töne spuckt. Zwar hätte die Legende der Golden State Warriors rein sportlich gesehen allen Grund dazu, doch es ist einfach nicht sein Naturell. Vor dem olympischen Basketball-Turnier liess aber selbst er sich zu einer Ansage hinreissen. Auf die Frage, auf welchen Gegner er sich an diesen Sommerspielen am meisten freue, meinte er: «Auf den, der gegen uns im Final um die Goldmedaille spielt.»
Nun, mittlerweile ist klar: C’est la France. Das US-Dream-Team um Curry, LeBron James (39), Kevin Durant (35) und Joel Embiid (30) trifft am Samstag im Endspiel auf Lokalmatador Frankreich. Weil das starke Heimteam auf einer Euphoriewelle reitet. Und weil US-Captain Curry mit seinem Star-Ensemble seinen Worten Taten folgen liess. Wobei festgehalten werden muss: Das ganz grosse Schaulaufen der hochfavorisierten Amerikaner war es bislang nicht. Und überhaupt schlägt den NBA-Riesen in der Stadt der Liebe nicht nur «Amour» entgegen.
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James verliert die Contenance
Im Halbfinal schrammen die USA an einer Mega-Schmach vorbei, gewinnen gegen Serbien in extremis 95:91, nachdem sie praktisch die ganze Partie über (und zeitweise haushoch) im Rückstand lagen. Das Starensemble beginnt in der Arena Bercy erst am Schluss, auch wie ein solches zusammenzuspielen. Hoch spektakulär und begeisternd. Curry rettet das stolze Basketballland mit einer 36-Punkte-Show – und schreit seine Freude hinterher Teamkollege James ins Gesicht.
Der Gefühlsausbruch zeigt deutlich, wie viel Druck und Anspannung im US-Team trotz Favoritenrolle herrscht. Die phasenweise bärenstarken Serben haben die Amerikaner an den Rand der Verzweiflung getrieben – und so manchen auch mal die Nerven verlieren lassen. Wie James, der sich vom ständigen, hartnäckigen Stören der Gegner dazu hinreissen liess, Serbiens Superstar Nikola Jokic (29) im Affekt mit dem Ball abzuschiessen. Eine unrühmliche Aktion, für die er wie durch ein Wunder ungeschoren davonkam.
Embiids Entscheid nehmen ihm die Franzosen bis heute übel
Im Final gegen die Franzosen dürfte es nicht weniger ungemütlich werden. Und das hängt in erster Linie mit dem Namen Joel Embiid zusammen. Der Center der Philadelphia 76ers besitzt seit 2022 auch die französische Staatsbürgerschaft. Er liebäugelte zwischenzeitlich damit, für die Franzosen aufzulaufen, ehe er sich entschied, dem US-Team den Vorrang zu geben. Diesen Entschluss haben ihm die französischen Fans bis heute nie verziehen. Schon in den ersten Olympia-Partien in Lille und jetzt auch in Paris wird Embiid von den Zuschauern gnadenlos ausgepfiffen und ausgebuht.
Embiid zeigt sich cool, sagt, die unfaire Ambiance stachle ihn nur noch mehr an. Seine Teamkollegen hingegen finden die Reaktionen des Publikums schlicht lächerlich – und wählen ihrerseits die Gegen-Provokation. Als Embiid am Donnerstagabend in Bercy das Stadion betritt und erneut sofort die französische Abneigung zu spüren bekommt, stacheln Curry, James und Co. die Zuschauer an, noch mehr Lärm zu machen. Als wollten sie ihnen sagen: «Gebt es uns! Wir geben es euch auf dem Platz zurück.» Denn bislang verhält es sich auf olympischem Parkett in Paris noch immer so: grosse amerikanische Klappe, viel dahinter.