Darum gehts
Mehr als 13 Jahre ist es her, seit Sébastien Buemi (36) beim GP von Brasilien sein letztes Formel-1-Rennen bestritt. Seit diesem 27. November 2011 wartet die Schweiz vergeblich auf einen Fahrer in der Königsklasse. Doch es gab nicht nur keinen Formel-1-Fahrer aus der Schweiz mehr, auch Talente im Autorennsport sind eine Seltenheit geworden.
Das stellt auch Andreas Jenzer fest, der als Gründer des renommierten Schweizer Rennstalls Jenzer Motorsport seit Jahrzehnten im internationalen Nachwuchs unterwegs ist: «Es ist nicht mehr so wie vor 15 Jahren, als wir einen Schweizer Rennfahrer-Pool mit acht bis zwölf jungen Fahrern hatten. Heute sind es noch zwei bis vier Fahrer, von denen es alle zwei Jahre einer in die Formel 4 schafft.»
Ein Hauptgrund dafür ist laut Jenzer: «Bis vor 15 Jahren gab es Schweizer Meisterschaften mit Formel-Rennautos. Speziell die Formel Renault war auf einem sehr hohen Niveau. Fahrer wie Nico Müller und Neel Jani haben darüber Sponsoren gefunden und konnten so Profi-Rennfahrer werden.»
Eine solche Plattform gibt es in der Schweiz seither nicht mehr. Ob in naher Zukunft trotzdem Fahrer in die Fussstapfen von Müller, Jani oder sogar Buemi treten können? Blick stellt die Fahrer vor, die das grösste Potenzial dafür haben.
Enea Frey (16)
Der erst 16-Jährige bestreitet 2025 bereits seine zweite Formel-4-Saison. Frey war ein erfolgreicher Kart-Fahrer und entschied sich im vergangenen Jahr dazu, in den Formel-Sport einzusteigen. Für das Schweizer Jenzer-Team fuhr er in seiner ersten Saison in vier verschiedenen Formel-4-Serien. Teamchef Jenzer glaubt an das Talent des Aargauers: «Er macht das sehr gut. Ich denke, dass Enea die Möglichkeit hat, Profi-Rennfahrer zu werden. Natürlich träumt man von der Formel 1. Aber ob das möglich ist, entscheidet sich in den nächsten zwei bis drei Jahren.» In diesem Jahr ging Frey bereits an der im Frühjahr stattfindenden Formula Winter Series an den Start. Diese schloss er auf Rang 9 ab. Im weiteren Verlauf der Saison nimmt der Aargauer zudem an der italienischen Formel-4-Meisterschaft (ab 2. Mai) und der Euro 4 Championship (ab 18. Juli) teil.
Ethan Ischer (17)
Der Waadtländer fuhr 2024 seine dritte Saison für Jenzer Motorsport. Seinen grössten Erfolg feierte er 2023, als er die zentraleuropäische Formel-4-Meisterschaft gewinnen konnte. Die abgelaufene Saison wird aber voraussichtlich Ischers letzte Saison im Formel-Sport gewesen sein. «Ethans Karriere muss etwa zu 80 Prozent über Sponsoren finanziert werden. Diese Finanzierung geriet ab Ende 2023 etwas ins Stocken. Er wäre zwar gerne Formel 3 und noch höher gefahren, aber die finanzielle Seite ist beim Aufstieg im Motor- und insbesondere Formelsport entscheidend», erklärt Jenzer. Für 2025 hat Ischer einen Vertrag beim Rennstall Sportec Racing unterschrieben. Für diesen wird er mit einem GT3-Auto beim Porsche Sports Cup Suisse (ab 10. April) an den Start gehen.
Qwin Wietlisbach (18)
Wietlisbach ist der Senkrechtstarter im Schweizer Motorsport. Nur eine kurze Zeit seines Jugendalters verbrachte er mit Rennfahren – erst mit 16 Jahren sass er im Kart. 2024 nahm er ohne jegliche Rennerfahrung an der Ferrari 488 Challenge Teil, einer Tourenwagen-Meisterschaft mit einheitlichen Rennboliden. Obwohl der Zentralschweizer nur 6 der 14 Rennen fuhr, wurde er am Ende Fünfter in der Gesamtwertung. Den abschliessenden Weltfinal in Imola gewann der 18-Jährige, weshalb er sich nun «Weltmeister» nennen darf. Für das Schweizer Team Emil Frey Racing geht Wietlisbach in diesem Jahr bei der Ferrari Challenge Trofeo Pirelli an den Start. Potenzial ist da, aber um die im Vergleich zu Gleichaltrigen fehlende Erfahrung wettzumachen, muss die Lernkurve jetzt steil ansteigen.
Jasin Ferati (21)
Der Winterthurer hat in seiner Karriere bereits reichlich Erfahrung gesammelt. 2020 fuhr er als 16-Jähriger in der Formel 4, 2022 feierte er mit dem Sieg des Porsche Sports Cup Suisse seinen grössten Erfolg. In der letzten Saison nahm Ferati mit einem Ferrari 296 Challenge an der Italienischen GT-Meisterschaft teil. Diese schloss er auf dem zwölften Platz ab. Mit dem gleichen Modell fährt der 21-Jährige auch 2025, allerdings bei der Ferrari Challenge Trofeo Pirelli als Teamkollege von Wietlisbach.
Nathanaël Berreby (17)
Berreby geht 2025 in seine dritte Saison beim Schweizer Team Maffi Racing. Während er in der ersten Saison nur am Trainings-Programm teilnahm, ging er 2024 in drei verschiedenen Formel-4-Serien an den Start. Dort holte der Genfer mit panamaischen Wurzeln unter anderem einen Podestplatz bei einem Rennen der zentraleuropäischen Formel-4-Meisterschaft. In diesem Jahr wird Berreby nur an der italienischen Formel-4-Meisterschaft (ab 2. Mai) teilnehmen.
Ricardo Feller (24)
Der Aargauer sollte 2025 eigentlich in seine vierte DTM-Saison gehen. Nach drei Jahren beim Team Abt Sportsline, mit dem er 2023 den dritten Gesamtrang erreichte, wechselte Feller nach Ablauf der vergangenen Saison von Audi zu Porsche. Dort sollte er für das neue Team Allied Racing an den Start gehen. Rund drei Monate nach Vertragsunterschrift gab Porsche allerdings bekannt, dass Allied Racing doch nicht in der DTM starten werde. Jetzt kams zu einem verrückten Not-Deal: Feller fährt doch DTM – als Porsche-Werksfahrer in einem Audi-Team. Feller träumte nie von der Formel 1, hat seine Laufbahn von Anfang an realistisch geplant und wurde so jüngster ADAC-GT-Masters-Pilot aller Zeiten und 2021 auch Meister in dieser Serie.
Joshua Dufek (20)
Und dann gibts da noch den Romain Grosjean der Neuzeit. Grosjean, Schweizer aus Genf, fuhr in der Formel 1 immer für Frankreich. Nun fährt in der Formel 3 Joshua Dufek mit. Sohn eines deutsch-österreichischen Vaters und einer britischen Mutter in London geboren. Aufgewachsen ist er in Genf, weshalb er sowohl den Schweizer als auch den österreichischen Pass besitzt. Aber Dufek startet für Österreich.