Es ist das verrückteste Rennsport-Projekt der Schweiz. Zwei Schweizer kaufen in Russland ein 37-jähriges Auto, das sie in Nowosibirsk restaurieren und offroad-tauglich machen lassen. Dann reist unser wackeres Duo nach Sibiren, holt den aufgemöbelten Lada Niva ab – und fährt im Oldtimer via Finnland und Deutschland 5750 Kilometer heim in die Schweiz.
Doch das ist erst der Anfang. Nun haben der Glarner Lüftungsingenieur Sladjan Miljic (28) und der Zürcher Informatikingenieur Mario Jacober (44) ihren Russen-Boliden nach Saudi-Arabien verschifft, wo sie ab Anfang Januar an der legendären Rallye Dakar in der Oldtimer-Klasse «Dakar Classic» teilnehmen: Es ist das verrückteste Rennsport-Projekt der Schweiz!
Aber auch ein gefährliches. Miljics Mutter etwa war im ersten Moment nicht gerade begeistert. Jacobers Tochter Victoria (5) hingegen fiebert voll mit. «Für uns ist es mehr ein Abenteuer als ein Autorennen», sagt Miljic. Die Dakar sei vor allem für die Töff-Fahrer gefährlich.
Jacober kommt die Idee in Russland
Doch der Reihe nach. Nach vor etwa einem Jahr wissen weder Fahrer Jacober noch Co-Pilot Miljic, dass sie diesen Januar in zwei Wochen irre 8375 km kreuz und quer durch die saudische Wüste fahren werden. Die beiden sind zwar grosse Oldtimer-Fans, kennen sich aber nur flüchtig.
Doch als Jacober in der Heimat seiner russischen Frau Ulyana bei minus 30 Grad beim Eisfischen sitzt und erkennt, wie standhaft die jahrzehntealten Lada-Autos seiner Fischerkumpels sind, kommt ihm die Idee einer Dakar-Teilnahme. Denn als die Rallye Dakar 2021 das zweite Mal in Saudi-Arabien stattfindet, gibts neu eine Classic-Kategorie mit Oldtimern aus legendären früheren Dakar-Jahren.
Jacober: «Schon bei der allerersten Dakar 1979 haben fünf französische Privatteams einen Lada Niva an den Start gebracht, zwei sind im Ziel angekommen.» Lada an die Dakar zurückbringen – mit dieser Idee hausiert Jacober in der Schweizer Oldtimer-Szene. Er findet bei Miljic, einem der Organisatoren des Oldtimer-Events «Road to Hell», offene Ohren. Das Duo spannt fortan als «Niva Red Legend Team» zusammen.
Sie wird seit 1979 ausgetragen und ist legendär: Die Rallye Dakar, das härteste Offroadrennen der Welt für Töffs, Autos und Trucks. Geliebt von den Fans, verteufelt von den Gegnern wegen der vielen Toten.
Bis 2007 ist tatsächlich Senegals Hauptstadt Dakar der Zielort, jahrelang Paris der Startort. Doch 2008 muss das Rennen abgesagt werden: Terrorwarnung in Afrika.
Ab 2009 zieht der Tross deshalb aus Sicherheitsgründen nach Südamerika um. Der Veranstalter aus Frankreich belässt den Namen allerdings beim legendären Namen «Rallye Dakar». Bis 2019 rasen die Piloten durch Länder wie Argentinien, Chile, Peru und Bolivien.
Aber auch in Südamerika wird die Organisation politisch und organisatorisch immer komplizierter – die Dakar zieht nach Asien. Seit 2020 ist Saudi-Arabien das wegen der Menschenrechtslage nicht unumstrittene Gastgeberland.
Rekordsieger und Wahl-Walliser Stéphane Peterhansel (56) jagt ab 1. Januar seinen 15. Titel in einem futuristischen Audi, der neben einem Benzinmotor auch auf Elektro-Energie setzt.
Eine Marathon-Rallye, die tatsächlich durch Afrika nach Dakar führt, gibts übrigens seit 2009 dennoch. Das «Africa Eco Race» ist eine Art Protestveranstaltung gegen den Umzug der Rallye Dakar auf andere Kontinente. Aber alle grossen Marken und die Star-Piloten fahren bei der Rallye, die Dakar heisst, aber im nahen Osten stattfindet. (md)
Sie wird seit 1979 ausgetragen und ist legendär: Die Rallye Dakar, das härteste Offroadrennen der Welt für Töffs, Autos und Trucks. Geliebt von den Fans, verteufelt von den Gegnern wegen der vielen Toten.
Bis 2007 ist tatsächlich Senegals Hauptstadt Dakar der Zielort, jahrelang Paris der Startort. Doch 2008 muss das Rennen abgesagt werden: Terrorwarnung in Afrika.
Ab 2009 zieht der Tross deshalb aus Sicherheitsgründen nach Südamerika um. Der Veranstalter aus Frankreich belässt den Namen allerdings beim legendären Namen «Rallye Dakar». Bis 2019 rasen die Piloten durch Länder wie Argentinien, Chile, Peru und Bolivien.
Aber auch in Südamerika wird die Organisation politisch und organisatorisch immer komplizierter – die Dakar zieht nach Asien. Seit 2020 ist Saudi-Arabien das wegen der Menschenrechtslage nicht unumstrittene Gastgeberland.
Rekordsieger und Wahl-Walliser Stéphane Peterhansel (56) jagt ab 1. Januar seinen 15. Titel in einem futuristischen Audi, der neben einem Benzinmotor auch auf Elektro-Energie setzt.
Eine Marathon-Rallye, die tatsächlich durch Afrika nach Dakar führt, gibts übrigens seit 2009 dennoch. Das «Africa Eco Race» ist eine Art Protestveranstaltung gegen den Umzug der Rallye Dakar auf andere Kontinente. Aber alle grossen Marken und die Star-Piloten fahren bei der Rallye, die Dakar heisst, aber im nahen Osten stattfindet. (md)
Doch es muss schnell gehen. Sie brauchen in wenigen Monaten ein Auto und Sponsoren für ihr Budget, das eine kleinere sechsstellige Summe beträgt. «Es war ein Rennen vor dem Rennen», schildert Jacober, «wir sind vielleicht etwas verrückt. Aber nicht dumm!»
Da die Familie seiner Frau in Nowosibirsk im Autogewerbe tätig ist, wird der Kauf eines Auto und die nötige Vorbereitung des Bolidens für die harten Rallye-Ansprüche in Russland aufgegleist. Doch als die Schweizer in Sibirien ankommen, der Schock: Der Wagen ist nicht ganz fertig. «Wir haben dann ein paar Tage lang kräftig mitgeholfen», sagt Jacober lachend.
Russische Medien werden aufmerksam
Dann der nächste Hammer: Die zwei Schweizer werden in Russland berühmt! Mehrere TV-Stationen berichten über die Dakar-Rückkehr von Lada. «Wir wurden wie Stars behandelt», sagt Miljic. Auch der Autokonzern selber wird aufs private Projekt aufmerksam, Miljic und Jacober treffen die halbe Lada-Chefetage.
Dann tuckert das Duo mit ihrem nur 1 Tonne schweren und 95 PS starken Lada heim in die Schweiz. «Es war ein guter Test, ob wir es zusammen tagelang im Auto aushalten», sagt Miljic schmunzelnd. In den Wochen vor dem Verschiffen nach Saudi-Arabien lässt das Duo bei Oldtimer-Spezialist Garage Tschudi in Netstal GL noch viele Details erledigen. Denn für die Klassiker-Fans ist klar: «Alles muss originalgetreu sein!»
Nun sind sie seit dem 27. Dezember in der Wüste, mit ihrem startbereiten 37-jährigen Lada.