Darum gehts
- Jeremy Seewer erreicht in Frauenfeld historischen Podestplatz für Ducati
- Seewer wechselte zu Ducati, die erstmals einen Offroad-Töff entwickeln
- 40'500 Fans besuchten die Rennstrecke in Frauenfeld über zwei Tage
Jeremy Seewer (30) ist normalerweise ein cooler Hund. Keiner, der rasch mit Superlativen um sich wirft. Aber als er nach seinem dritten Rang beim Motocross-GP in Frauenfeld im Fahrerlager steht, kommt der Zürcher MXGP-Star richtiggehend ins Schwärmen. «Es ist unglaublich. Das ist eine historische Marke, die mir nie mehr jemand nehmen kann», jubelt Seewer.
Was der grosse Held der Schweizer Fans meint? Seewer fährt beim Heimrennen dank eines Überholmanövers in der letzten Runde völlig unverhofft aufs GP-Podest – damit sorgt er für den ersten Podestplatz in der jungen Motocross-Geschichte seines Arbeitgebers Ducati. Die Italiener sind zwar auf Asphalt das Nonplusultra, in der MotoGP fährt Ducati alles in Grund und Boden. Nun wollen die Italiener auch die Dreckpisten erobern und haben dafür den Schweizer als Nummer-1-Pilot verpflichtet.
Ducati ist das aufregendste Motocross-Projekt seit Jahren
Seewer brach letztes Jahr das Experiment beim Kawasaki-Team von Ex-Formel-1-Star Kimi Räikkönen nach nur einer Saison ab, weil er teamintern nicht die zweite Geige spielen wollte.
Da kam Ducati gerade recht. Es ist das aufregendste Motocross-Projekt seit Jahren. Mit Seewer mittendrin. Aber es ist ein Risiko. Denn die Italiener haben noch nie einen Offroad-Töff gebaut, geschweige denn einen, der fürs Niveau an der Weltspitze taugt. Weil die Entwicklung Zeit braucht, stellt sich der fünffache Vize-Weltmeister eigentlich auf eine Durststrecke ein. Seewer: «Wir haben im November bei null begonnen. Auch jetzt kämpfen wir immer noch mit verschiedenen Dingen, die Entwicklung ist noch lange nicht abgeschlossen. Aber es kommt immer besser. Es ist unglaublich, dass es schon für ein Podest reichte.»
Ebenso emotional wie ein MotoGP-Sieg von Marc Marquez
Es ist eines, das in Frauenfeld lautstark gefeiert wird. Natürlich von den Fans an der Rennstrecke, an den beiden Renntagen über Ostern kamen 40’500 an die kleine Piste am Stadtrand. Und natürlich auch bei Ducati.
Blick trifft nach dem Rennen Paolo Ciabatti. Er war jahrelang Sportchef in der MotoGP und führt nun das Motocross-Projekt. «Ob sich dieser Podestplatz besser anfühlt als ein Sieg von Marc Marquez? Aber natürlich!», sagt Ciabatti und meint es ziemlich ernst. Denn in der MotoGP fallen die Siege und WM-Titel den Italienern in den Schoss. In der MXGP kommt der allererste Podestplatz bereits im sechsten GP seit dem Einstieg. Der Seewer-Coup geht in die Firmengeschichte der stolzen Marke ein.
Und auch für den 13-fachen GP-Sieger selber ist es der emotionalste Podestbesuch in seiner Karriere. Wegen Ducati und wegen der Heimfans: «Auf dem Podest hatte ich Hühnerhaut.» Dann wird der Zürcher wieder analytischer. «Natürlich habe ich von Stürzen profitiert, aber so ist der Rennsport. Es war ein krasses Rennen.»