Als er versucht, das Unfassbare in Worte zu fassen, stockt dem zuvor frisch-fröhlich parlierenden Rennfahrer-Vater Sergio Phommara (39) die Stimme. «Es war eine ganz harte Zeit für uns alle, es war ein langer Leidensweg, der über vier Jahre dauerte», sagt er. Seine Frau Nang Phommara (†39), die Mutter der zwei Töff-Talente Levin (15) und Lenoxx (17), verstarb im Oktober 2022 viel zu jung an ihrer Krankheit.
Der Familie wurde das Herz herausgerissen. Da kann Hund Marley beim Blick-Besuch noch so herumtollen und fürs Foto posieren – nicht nur wegen des grossen Bilds über dem Esstisch, das die Familie noch komplett zu viert zeigt, wird ersichtlich, dass hier jemand schmerzlich vermisst wird. Papa Sergio schildert es so: «Sie ist die grosse, treibende Kraft gewesen.»
Die Mutter von Levin und Lenoxx hatte sich auch für den grossen Töfftraum der beiden Jungs enorm ins Zeug gelegt. Das ging bis zum Umzug der Familie von Küsnacht ZH nach Kreuzlingen TG. Doch dazu später mehr.
An diesem Wochenende starten die Phommara-Brüder in die Saison. Vater Sergio begleitet Lenoxx zum Auftakt der Junioren-WM nach Misano (It) wie auch in einer Woche zum ersten Event des Red Bull Rookies Cup, der im Rahmen des Töff-GP in Jerez (Sp) stattfindet. Der Vater wird die ganze Saison mit dem älteren Sohn unterwegs sein. «Es sind zwei neue Meisterschaften, alles ist neu für uns. Deshalb haben wir uns so entschieden», sagt Sergio Phommara.
Sohn Levin hingegen tritt erneut im Northern Talent Cup (NTC) an, wo er alles bereits kennt. Begleitet wird er von zwei Mechanikern, die eng mit der Familie vertraut sind. Der NTC startet in Assen (Ho), wo er im Rahmenprogramm der Superbike-WM (mit Dominique Aegerter) stattfindet. Während Levin im dritten NTC-Jahr um das Podest fahren soll, wartet auf Lenoxx eine harte Debütsaison. In der Junioren-WM fährt der Thurgauer für den italienischen MTA-Rennstall, der auch in der Moto3-WM ein Team betreibt. Für diesen Platz müssen die Phommaras eine kleinere sechsstellige Summe mitbringen, Sponsoren und die Familie selber kommen dafür auf. (md)
An diesem Wochenende starten die Phommara-Brüder in die Saison. Vater Sergio begleitet Lenoxx zum Auftakt der Junioren-WM nach Misano (It) wie auch in einer Woche zum ersten Event des Red Bull Rookies Cup, der im Rahmen des Töff-GP in Jerez (Sp) stattfindet. Der Vater wird die ganze Saison mit dem älteren Sohn unterwegs sein. «Es sind zwei neue Meisterschaften, alles ist neu für uns. Deshalb haben wir uns so entschieden», sagt Sergio Phommara.
Sohn Levin hingegen tritt erneut im Northern Talent Cup (NTC) an, wo er alles bereits kennt. Begleitet wird er von zwei Mechanikern, die eng mit der Familie vertraut sind. Der NTC startet in Assen (Ho), wo er im Rahmenprogramm der Superbike-WM (mit Dominique Aegerter) stattfindet. Während Levin im dritten NTC-Jahr um das Podest fahren soll, wartet auf Lenoxx eine harte Debütsaison. In der Junioren-WM fährt der Thurgauer für den italienischen MTA-Rennstall, der auch in der Moto3-WM ein Team betreibt. Für diesen Platz müssen die Phommaras eine kleinere sechsstellige Summe mitbringen, Sponsoren und die Familie selber kommen dafür auf. (md)
Irgendwann in der grossen Trauer vor eineinhalb Jahren kommt dann auch die Frage auf, wie es eigentlich mit den vielversprechenden Juniorenkarrieren der Brüder weitergehen soll. Doch die Phommaras kennen die Antwort rasch. Levin sagt: «Für uns war es keine Option, aufzuhören. Unsere Mutter hat so viel für uns gemacht. Wir wollen das alles nun ihr widmen.» Der ältere Bruder ergänzt: «Das Töfffahren hat uns auch wieder aus dem Loch geholt. Man hatte wieder einen Fokus und konnte dafür trainieren.»
Der Sport als Ausweg aus der Verzweiflung
Es ist ihr Hauptsponsor Arnold Pfister, genauso ein Freund wie ein Geldgeber, der damals eines Tages vor der Haustür steht und sagt: «Wir gehen jetzt Motocrossfahren.» Erstmals seit dem schwarzen Tag drehen die Teenager wieder am Gasgriff. Es ist ein Re-Start. Denn auch der Vater kniet sich wieder rein, dreht jeden Franken um fürs Saisonbudget, organisiert das Jahr. Heute sagt er: «Der Sport war ein Ausweg aus der Verzweiflung.»
Obwohl 2023 die erste Saison ist ohne die Mutter, gelingt sie ausgezeichnet. In der Nachwuchsserie Northern Talent Cup schaffen die Brüder gar einmal einen Doppelsieg, am Ende ist Lenoxx Vizemeister. «Er hatte den Titel fast in der Tasche, doch hat ihn selber weggeschmissen», zündet Vater Sergio, nur noch gespielt verärgert.
Das Lachen kehrt an den Tisch zurück, denn alle wissen: Die Episode mit dem Sturz im dümmsten Moment war kein Karriereknick. Lenoxx Phommara hat es in den Grand-Prix-Vorhof geschafft. Der 17-Jährige fährt 2024 erstmals in der Junioren-WM und parallel auch im Red Bull Rookies Cup. Beide Serien sind direkte Sprungbretter in die Moto3-WM. Denselben Karriereweg nahm zuletzt auch Noah Dettwiler (18), der nun dieses Jahr als erster Schweizer seit Tom Lüthi im GP-Sport fährt.
Alles begann auf einer Kartbahn in Italien
Nun klopft mit Phommara womöglich schon bald der nächste Schweizer an die GP-Tür, auch wenn klar ist: 2024 wird ein Lernjahr. Bruder Levin hingegen fährt ein weiteres Jahr in seiner bisherigen Nachwuchsmeisterschaft.
Zwei Brüder ordnen ihrem grossen Traum von der Töff-WM alles unter. Begonnen hat alles in der Ecke Italiens, wo schon viele Töff-Weltmeister geboren wurden. Die Region um Rimini. Hier verbringt die Familie stets ihre Ferien. Vater Sergio, gebürtiger Italiener mit Familienname Acampora, dreht liebend gerne auf einer Kartpiste Runden auf einem Pocketbike, einem winzigen Töff. «Levin war dreieinhalb, als er sagte: ‹Das will ich auch.›»
Der befreundete Streckenbetreiber drosselt den Winzlingen zwei Töffs. Von da an hat die Familie definitiv Benzin im Blut, Lenoxx und Levin bestreiten bald in Italien erste Minimoto-Rennen. Weil das Talent der Brüder offensichtlich ist, werden die Rennen immer zahlreicher und die Absenzen in der Schule in Küsnacht immer häufiger. Die Eltern entschliessen sich notgedrungen zum Homeschooling. Die Teenager grinsen bei der Erinnerung an den Vater, der ihnen Mathematik-Unterricht gibt.
Für die geeignete Schule Umzug in den Thurgau
«Meine Frau hat sich dann weiter umgeschaut und ist in Kreuzlingen fündig geworden. Dort war die damals einzige Sportschule schweizweit, die Schüler schon ab der 5. Klasse aufnahm», sagt Vater Phommara. Es ist der Talent-Campus Bodensee. Lenoxx pendelt zunächst jahrelang vom Zürich- an den Bodensee, um Schule und Sport unter einen Hut zu bringen. Zwei Stunden im Zug pro Weg.
Weil dann auch der Jüngere den Talent-Campus besucht, adaptieren die Eltern ihre Jobs als Projektleiter im Maschinenbau und als Selbständige in der Kosmetikbranche so, dass sie als Familie nach Kreuzlingen ziehen können.
Aus den Zürchern werden Thurgauer. Beide Brüder besuchen den Talent-Campus auch heute noch. Levin als Sport-KV-Lehrling im 1. Lehrjahr, Lenoxx als Sport-KV-Lehrling im 2. Lehrjahr. Sie zeigen Blick das Gebäude, wo sie in kleinen Klassen lernen und auch trainieren können. Es ist ein Profi-Umfeld. Schulleiterin Cassandra Cotting: «Wir haben rund 20 Sportarten unter einem Dach. Die beiden waren aber die ersten Motorsportler. Das war auch für uns eine Herausforderung, ihnen den Unterricht nach Mass bieten zu können.»
Lenoxx wird sich 2024 mehr denn je rarmachen im Präsenzunterricht, weil er zwei Meisterschaften bestreitet und so oft im Ausland sein wird wie noch nie. Dafür wird er umso mehr seinen neuen Helm tragen. Zentraler Teil des neuen Designs ist der Schriftzug: «Love you, Mum». Die verstorbene Mutter fährt bei Lenoxx und Levin weiter mit.