Alan Roura (27) steckt mitten drin in seinem Mega-Abenteuer. Seit dem 8. November ist der Genfer bei der verrückten Solo-Weltumseglungsregatta Vendée Globe alleine auf hoher See. Beim «Mount Everest der Meere» alleine im Kampf mit Wind, Wetter und der Müdigkeit.
Dem jüngsten Skipper im 33-Boote-Feld läufts bei seiner zweiten Vendée-Teilnahme nicht nach Wunsch. Roura belegt nur Rang 15 statt den angestrebten Top-Ten. Aktuell befindet er sich auf seinem «La Fabrique»-Boot im Südpolarmeer in der Nähe der Kerguelen-Inseln. BLICK erreicht Roura via Skype-Anruf.
BLICK: Sie sind seit über einem Monat auf See. Wann haben sie letztmals richtig gut geschlafen?
Alan Roura: Natürlich bin ich schon etwas müde. Die letzten Tage konnte ich mich etwas erholen. Das war schön, denn in den Wochen nach dem Start herrschten sehr merkwürdige Wetterbedingungen. Es war extrem hart für alle Skipper. Allerdings war die letzte Nacht schrecklich, ich konnte kein Auge zumachen. Der Wind hat dauernd gedreht.
Eine regelrechte Horrornacht?
Ich konnte den Autopilot, welcher der Windrichtung folgt, nicht nutzen, weil der Wind ständig gedreht hat. Ich will ja möglichst gerade aus fahren, daher musste ich viele Manöver machen. Es ist harte Arbeit, dauernd die Segel anders zu setzen.
Sie sind gerade in einer der verlassensten Gegenden der Welt. Gewöhnt man sich je an die grosse Einsamkeit?
Ja, aber es fühlt sich schon sooooo lange an. Der Start könnte vor einem Jahr gewesen sein oder erst gestern, das Zeitgefühl ist weg. Es war bisher eine harte Zeit. Oft hatte ich überhaupt keinen Wind, es ist ein sehr langsames Rennen bisher. Auch jetzt während unseres Gesprächs ist es wieder windstill.
Wie verkraften Sie die Distanz von ihrer Frau, die mit eurem fünfmonatigen Mädchen daheim ist?
Ich vermisse sie sehr. Wir schreiben uns viele Nachrichten, wir haben WhatsApp an Bord. Doch telefoniert haben wir seit dem Start erst dreimal, das ist nicht wirklich viel. Ich gebe mein Bestes, aber ich bin einfach nicht gut im telefonieren (lacht).
Sie liegen als 15. bereits beinahe 4000 Kilometer hinter den angestrebten Top-Ten.
Damit bin ich nicht zufrieden. Aber so ist das nun mal bei der Vendée Globe. Ich hatte bisher viel Pech mit dem Wetter. Es ist hart zu sehen, dass andere Boote besser vorwärts kommen. Die Bedingungen waren bisher gegen mich, vor ein paar Tagen hatte ich auch noch eine Kollision. Mein Boot ist aber intakt geblieben.
Die Karambolagen mit Walfischen oder Treibgut wie Schiffscontainer sind die grösste Gefahr. Zwei ihrer Gegner sind so dramatisch ausgeschieden. Kriegen Sie davon überhaupt etwas mit?
Oh ja, es gibt einen Whatsapp-Chat aller Skipper. Da wird im Normalfall viel gewitzelt, es geht freundschaftlich zu und her. Das ist cool.
Ist Ihre erhoffte Zielankunft nach 80 Tagen noch realistisch?
Nein. Nicht mal der Renn-Leader ist momentan im 80-Tage-Fenster drin. Die erste Rennhälfte war durch die aussergewöhnlichen Verhältnisse extrem langsam, jeder hatte zu kämpfen. Ich hoffe, es in 85 oder 90 Tagen zu schaffen.
Kürzlich haben Sie auf einem Instagram-Video geweint. Was war da los?
In diesem Moment war mir einfach alles zu viel. Ich hatte Hydraulikprobleme am sehr wichtigen Kielsystem, eine aufwändige Reparatur, dazu die schlechte Position im Rennen. Doch es tut gut, einfach mal weinen zu können, es hilft. (lacht)