Die Posse um die Betrugsvorwürfe des mehrfachen Schach-Weltmeister Magnus Carlsen (31) gegen seinen Kontrahenten Hans Niemann (19) geht in die nächste Runde. Der junge US-Amerikaner sieht sich als Opfer und zieht jetzt vor Gericht.
Mit den Worten «Meine Klage spricht für sich» teilt Niemann auf seinem Twitter-Account sein 44-seitiges Anklagedossier, welches er am Donnerstag bei einem Gericht im US-Bundesstaat Missouri einreichte. Darin fordert er 100 Millionen Dollar Schadenersatz von Carlsen, dessen Firma «Play Magnus», sowie den beiden US-Schachspielern Danny Rensch (37) und Hikaru Nakamura (34), die die angeblich falschen Vorwürfe ebenfalls verbreitet hätten.
Carlsen behauptete, Niemann habe in über 100 Schach-Partien betrogen, dabei auch an Turnieren, an denen Preisgeld geflossen war.
Verleumdung und üble Nachrede
In seiner Klage wirft Niemann seinen Gegnern Verleumdung und üble Nachrede vor. Seiner Meinung nach gebe es geheime Absprachen zwischen ihnen, um seinen Ruf und seine Existenz zu zerstören. Carlsen habe sich nach einer Niederlage gegen Niemann «bösartig» revanchiert, indem er ihn ohne Beweise beschuldigte. Nakamura habe darauf die «falschen Betrugsvorwürfe» in stundenlangen Live-Videos verstärkt.
Ausserdem schreibt Niemann, Carlsen gehe als «König des Schachs« davon aus, dass er machen könne, was er wolle, und dass er damit durchkomme. Ob Niemanns Klage Hand und Fuss hat, wird sich nun zeigen. Momentan wird sie vom Gericht geprüft.
Bizarre Szene an US-Meisterschaften
Und auch am Schachbrett sorgt Niemann wieder für Schlagzeilen, jedoch ist er für einmal nicht vermeintlicher Täter, sondern Opfer einer merkwürdigen Szene.
Passiert ist es an den US-Meisterschaften. Niemann spielte gegen Samuel Sevian (21) ein eigentlich normales Spiel, dachte über seinen nächsten Spielzug nach. Plötzlich griff Sevian nach Niemanns Königsfigur, spielte kurz mit dieser herum und stellte sie schliesslich auf einer völlig falschen Position aufs Brett zurück. Dabei gilt es als absolutes No-Go, die Figuren des Gegners zu berühren, gerade wenn dieser am Spielzug ist.
«Spitze der Respektlosigkeit»
Niemann wirkte im ersten Moment völlig verwirrt, bevor er schliesslich einen Schiedsrichter rief, um die Situation zu klären. Schach-Superstar Fabiano Caruana postete kurz darauf auf Twitter: «Die Respektlosigkeit hat gerade ihre Spitze erreicht.»
Nach einem klärenden Gespräch zwischen den beiden Spielern wurde die Partie schliesslich fortgesetzt. Niemann gewann und spielte die Szene danach herunter. Es sei schlicht ein «Missverständnis» zwischen den beiden gewesen, Sevian habe den König von Niemann nur reparieren wollen. (bjl)