Bei ihrem Ruder-Comeback war für Jeannine Gmelin (33) so einiges ungewohnt. Allen voran die Platzierung. Die Einer-Weltmeisterin von 2017 wurde mit Nina Wettstein (25) im Doppelzweier Letzte. In Varese (It) betrug der Abstand zu den Siegerinnen mehr als vier Sekunden. Und das in einem fünfköpfigen Feld mit überschaubarer Qualität. Acht der ersten zehn Boote der letztjährigen Weltmeisterschaft fehlten.
Das Resultat überraschte SRF-Experte und Ex-Ruderer Olivier Gremaud (45) dennoch kaum. Er erinnert an die Vergangenheit von Gmelin: «Bevor Jeannine ihren Rücktritt gab, gehörte sie bereits nicht mehr konstant zur absoluten Weltspitze.» Während ihrer einjährigen Pause nach dem Tod ihres Partners und Trainers verlor sie weiter an Boden. Bei den Selektionsrennen im März verpasste die Zürcherin den Sprung in den Einer – ihre Paradedisziplin. «Da kann man keine Wunderdinge erwarten», so der Olympia-Teilnehmer von 2004 in Athen.
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Was steckt hinter dem Start-Problem?
Doch etwas gibt Gremaud zu denken. «Dass die Schweizerinnen gegen die Deutschen keine Chance hatten, war ernüchternd.» Unser Nachbarland wird beim Rennen auf dem Rotsee (19. bis 21. Mai) einer der Hauptkonkurrenten sein im Kampf um die letzten beiden Olympia-Tickets.
Wollen die beiden nach Paris, müssen sie sich steigern. «Am Start gilt es zu arbeiten», so Gremaud. Das haben auch Gmelin und Wettstein erkannt, wie Letztere gegenüber Blick am Telefon verrät. «Plötzlich lagen wir schräg im Wasser. Statt zu Beschleunigen mussten wir die Richtung korrigieren. Das darf uns nicht passieren.»
Die Konkurrenz zog davon. Der Grund für das Start-Problem ist unklar. Möglicherweise waren die ersten Ruderschläge nicht gleichmässig. Ein Abstimmungsproblem. «Die fehlenden gemeinsamen Trainingsstunden sind unsere grösste Baustelle. Wir müssen einander noch besser kennenlernen», so die 25-Jährige. Das Duo rudert erst seit vier Wochen zusammen.
Voller Zuversicht an die EM
Was nach dem missratenen Start geschah, macht Gremaud Hoffnung. «Sie haben sich gefangen und kaum mehr Zeit eingebüsst. Das Tempo auf dem Wasser stimmt.» Ähnlich tönt es bei Wettstein, die sich zufrieden zeigt. «Einmal in Fahrt konnten wir mit den Besten mithalten. Ohne den Fehler wäre sogar eine Medaille möglich gewesen.»
Die nächste Chance auf eine Auszeichnung gibt es an der Europameisterschaft in Ungarn vom 25. bis 28. April. «Danach können wir – vorausgesetzt, die beiden werden selektioniert – besser einschätzen, wie realistisch die Olympia-Quali ist», so Gremaud.