Der globale Durchbruch kam nie
Warum hat es der Handball gegen den Fussball so schwer?

Warum spielen so viele Menschen Fussball, obwohl wir mit den Händen ja geschickter sind? Die Kolumne von Felix Bingesser.
Publiziert: 26.01.2025 um 20:46 Uhr
|
Aktualisiert: 26.01.2025 um 22:51 Uhr
1/4
War einst der beste Handballer der Welt: Joachim Deckarm aus Deutschland (vorne).
Foto: AFP
Blick_Portrait_2631.JPG
Felix BingesserReporter Sport

Der Fussball hat vor weit mehr als hundert Jahren die Welt im Sturm erobert und hat von England aus seinen globalen Siegeszug gestartet. Das ist dem Handball in dieser Form nie gelungen. 3,5 Milliarden Menschen spielen Fussball. Nur 27 Millionen spielen Handball.

Warum eigentlich? Mit den Händen geht doch alles einfacher. Evolutionär betrachtet ist der Fuss nichts anderes als ein versteiftes ehemaliges Greifwerkzeug. Das ist bei den Schimpansen immer noch zu beobachten. Die Affen nutzen im Gegensatz zum Menschen auch die Füsse immer noch für allerlei komplexe Arbeiten.

Bei uns sind die Füsse degeneriert. Wir brauchen sie nur noch, um darauf zu stehen. Und gegen den Ball zu treten. Wird es kompliziert, nehmen wir die Hände. Die haben mehr Knochen, sind beweglicher, talentierter und meist geschmacksneutraler als die Füsse. Mit den Füssen könnten wir, jetzt mal rein theoretisch, nicht einmal die Schuhbändel schnüren.

Und trotzdem spielen wir Fussball und nicht Handball. Dem Handball ist global betrachtet der ganz grosse Durchbruch nie gelungen. Erfunden worden ist das Spiel vom Berliner Oberturnwart Max Heiser. Das erste Regelwerk hat der Däne Holger Nielsen 1906 niedergeschrieben. Und Dänemark ist in diesen Tagen auch der Nabel der Handballwelt.

Dabei sind die Gastgeber das Mass der Dinge. Sie streben den vierten WM-Titel in Serie an, haben seit 2017 kein WM-Spiel mehr verloren, haben in der letzten Woche auch die tapfer kämpfenden Schweizer zerzaust, und sie haben mit Mathias Gidsel auch den besten Spieler der Welt in ihren Reihen. Die Dynamik des dänischen Hochgeschwindigkeitsspiels ist faszinierend. Der vierte WM-Titel in Serie ist diesem Team von einem anderen Stern kaum zu nehmen.

Auch 1978 fand die Handball-WM in Dänemark statt. Damals war der Deutsche Joachim Deckarm der beste Handballer der Welt und hat sein Land zum WM-Titel geführt. In 104 Länderspielen hat er 381 Tore erzielt.

In diesen Tagen hat Deckarm im Altersheim in Gummersbach seinen 71. Geburtstag gefeiert. Nach einem fürchterlichen Unfall auf dem Handballfeld am 30. März 1979 lag er 131 Tage lang im Koma und ist seither auf Pflege angewiesen. Aber er hat sich zurückgekämpft und nie den Lebensmut verloren. Er ist noch heute regelmässig in der Halle anzutreffen, wenn der VfL Gummersbach spielt.

Vielleicht sollten sich auch die Schweizer in Zukunft wieder vermehrt mit dem Handwerk beschäftigen. Da sind sie geschickt. Bei den handwerklichen Berufsweltmeisterschaften räumen sie die Titel Jahr für Jahr ab. Das Handwerk hat in der Schweiz einen goldenen Boden. Mit den Füssen bemühen wir uns redlich. Aber derzeit stellen wir uns da wenig geschickt an und stolpern im Fussball von Blamage zu Blamage.

Symptomatisch dafür steht der Auftritt von YB in der Champions League bei Celtic Glasgow in der letzten Woche. Der einzige Berner, der auf dieser Stufe mithalten konnte, war ein Handwerker. Torhüter Marvin Keller.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?