Die Frage, wer der beste Fussballer ist, der je in der Schweizer Liga gespielt hat, spaltet die Geister immer wieder. Ranglisten zu dieser Kardinalfrage tauchen regelmässig auf.
Fussballfans im gesetzten Alter erinnern sich noch an die Zeiten, als ehemalige Weltstars im Herbst ihrer Karriere die Frührente noch in der Schweiz bezogen. Damals hat sich der arabische Raum ausschliesslich auf Kamelrennen und Falken-Wettkämpfe konzentriert. Die Ölmilliarden waren noch nicht das Schmiermittel der globalen Fussballwelt.
Die Schweizer Liga ist damals mit ihren Salären noch konkurrenzfähig. Es kommen Weltstars, von denen man heute nur noch träumen kann. Aber wer war der beste Spieler, der je auf Schweizer Plätzen zu sehen war?
Netzer, Rummenigge oder Zamorano?
In Zürich wird man sagen, dass Günter Netzer das Mass der Dinge ist. Die Genfer dürften eher auf Karl-Heinz Rummenigge setzen. Derweil die St. Galler den unvergessenen Weltklasse-Stürmer Ivan Zamorano nennen. In Neuenburg schwelgt man bei den Namen von Uli Stielike oder Don Givens in Erinnerung.
Die Liste ist lang und taucht in allen Variationen auf. Giancarlo Antognoni, Marco Tardelli oder Gennaro Gattuso werden genannt. Oder Hans-Peter Briegel. Oder der Peruaner Teófilo Cubillas, der einst für den FC Basel die Schuhe geschnürt hat. Oder die grandiosen Giovane Elber und Mohamed Salah, die ihre Karriere in der Schweiz lanciert haben.
Leute, die heimisches Schaffen ehren, werfen die Namen von Stéphane Chapuisat oder Granit Xhaka in die Runde.
Einer wird aber nie genannt. Es ist der Holländer René van der Gijp. Der schussgewaltigste Spieler, der je in der Schweiz zu sehen war und der für Xamax und für den FC Aarau gespielt hat.
Ruud Gullit war sein bester Kumpel
Der lebenslustige Holländer ist auf und neben dem Platz eine Saftwurzel der aussergewöhnlichen Art. Beim PSV Eindhoven hat er in 83 Spielen als Mittelfeldspieler 43 Tore geschossen. Das schlampige Genie wird auch für die holländische Nationalmannschaft aufgeboten. Sein bester Kumpel und fussballerischer Weggenosse ist Ruud Gullit.
Aber van der Gijp macht keine Weltkarriere wie Gullit. Das Aarauer Brügglifeld wird zur Provinzbühne für diesen Hochbegabten. Der pfundige van der Gijp sorgt dort auch abseits des Rasens für beste Unterhaltung.
Einen Kumpel aus Holland stellte er als polnischen Nationalspieler vor und schleppte ihn mit an die Weihnachtsfeier des Klubs. «Wir haben jeden Tag gelacht mit ihm», erinnert sich sein Teamkollege Bernd Kilian.
Als es bei einem Training in Strömen regnet und bitterkalt ist, holt van der Gijp Anlauf. Und schlittert bäuchlings durch die Pfützen. Pflotschnass und schlotternd stellt er sich vor Trainer Hubert Kostka. «Trainer, ich friere, ich muss zurück in die Kabine, sonst erkälte ich mich und kann am Sonntag nicht spielen.» Weg war er.
Als TV-Experte wird er Kult
Van der Gijp macht nach dem Fussball Karriere. Als TV-Experte, als Kolumnist für ein Fussballmagazin und als Talkmaster an der Seite von Johan Derksen im holländischen Fernsehen. Dort nimmt er nie ein Blatt vor den Mund und hat in der Heimat Kultstatus.
René van der Gijp hat sein Potenzial nie ausgeschöpft. Und ist trotzdem einer der talentiertesten und spektakulärsten Spieler, die je in der Schweiz aktiv war. Auch wenn er auf keiner Rangliste auftaucht.