Alinghi-Boss Ernesto Bertarelli
«Der America's Cup kann süchtig machen»

Er gewann 2003 und 2007 den America's Cup, brachte die Trophäe erstmals nach Europa. Jetzt baut Ernesto Bertarelli (58) bei Alinghi Red Bull Racing eine neue Segel-Generation auf.
Publiziert: 30.08.2024 um 19:36 Uhr
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Ernesto Bertarelli: Der Genfer Milliardär kehrt mit Alinghi Red Bull zum America's Cup zurück.
Foto: keystone-sda.ch
Jürg Kaufmann, Barcelona
Was zählt, ist der Sieg

Die Welt schaut gebannt nach Barcelona. Superjachten mit spinnenförmigen Beinen fliegen übers Wasser. Wieder mit dabei: das Schweizer Team Alinghi Red Bull Racing. Wer gewinnt die prestigeträchtigste Hightech-Regatta der Welt?

Eine Fortsetzung oder ein Neustart? Die Schweiz ist nach 14 Jahren wieder beim America’s Cup dabei. Seit 2022 unter dem Namen Alinghi Red Bull Racing startet erstmals eine rein schweizerische Crew an der spektakulärsten Segelregatta der Welt. Mit dabei: Gründer und Besitzer von Alinghi, Ernesto Bertarelli, der den Silberpokal zweimal nach Europa brachte. Mit Partner Red Bull bietet sich die Chance für Synergien.

Denn schon allein der Weg bis zur Startlinie des AC75-Foilers ist lang. Über die Kosten der Teilnahme spricht niemand, Schätzungen zufolge sind es über 100 Millionen Dollar, allein das Startgeld beträgt 1,5 Millionen. Im Team Alinghi haben seit Monaten 150 Profis das Ziel im Blick.

Ohne Hydraulik geht nichts an Bord

Im America’Cup gilt das Motto: «There is no second» – es zählt nur der Sieg. Bis am 7. Oktober treten die fünf Herausforderer im direkten Duell gegeneinander an. Die Boote sind 75 Fuss lang und gleiten auf Foils mit rund 100 km/h übers Wasser. Sie schwimmen nicht, sie fliegen!

Adolfo Carrau, der Designkoordinator, nennt das neue Boot eine «radikale Idee» – es ist kein Boot, sondern eine Hightech-Plattform, die alles integriert: Segeldesign, Crew, Foiltechnik und drei unabhängige Hydrauliksysteme. Die Kräfte sind enorm, Muskelkraft reicht nicht aus. Alles wird über Hydraulik geregelt. Die Systeme für die Flugsteuerung und die Foilarme, auf denen bis zu 35 Tonnen lasten, werden durch Batterien gespeist.

Die Segelhydraulik ist ein eigens entwickeltes System. Bunte, geblähte Spinnaker (Vorsegel) sucht man vergeblich. Das Grosssegel besteht aus zwei Segeln, die zu einem schwarzen Flügel geformt werden. Die Energie dafür liefern die vier Cyclists, die den Job der früheren Grinder übernommen haben. Pro Regattatag verbrennen sie 3500 bis 4000 Kalorien, wenn sie mit Spitzenleistungen von bis zu 2000 Watt für eine Dauer von etwa sechs Sekunden pedalen, erklärt Cyclist Nils Theuninck. Ein normaler Trainingstag ist noch intensiver, bis 5000 Kalorien werden dann verbraucht.

Das alte englische Sprichwort gilt immer noch

Maxime Bachelin, der junge Schweizer Steuermann: «Unsere Stärke? Wir haben ein hohes Niveau auf dem Boot und können offen mit allen über alle möglichen Verbesserungen diskutieren und diese gemeinsam umsetzen. Seit Beginn der Kampagne haben wir eine steile Lernkurve.»

Die Vorstartphasen sind sehr dynamisch und müssen aggressiv gefahren werden. Nach den ersten Rennen von vergangener Woche, den Vorregatten, hatten die Teams Zeit, ihre Boote noch schneller zu machen. Das Schweizer Team bewies sich als gute Startcrew, konnte allerdings nur eines der Rennen gewinnen. Die Ausscheidungsrennen sind dafür bekannt, dass alle Teams in kürzester Zeit enorme Fortschritte machen.

In mehreren Etappen wird schliesslich der Herausforderer des amtierenden Cup-Gewinners aus Neuseeland bestimmt. Mehrmals waren die Kiwi-Segler unschlagbar und behielten den Cup. Werden sie ihn auch dieses Mal wieder erfolgreich verteidigen?

Das alte Sprichwort gilt darum immer noch: «There is no second» – wie schon 1851 die englische Königin erfahren musste, als die Amerikaner mit der Jacht «America» die Regatta rund um die Isle of Wight für sich entschieden und den Pokal mit nach New York nahmen. Wo er dann 132 Jahre lang blieb. Jürg Kaufmann, Barcelona

Die Welt schaut gebannt nach Barcelona. Superjachten mit spinnenförmigen Beinen fliegen übers Wasser. Wieder mit dabei: das Schweizer Team Alinghi Red Bull Racing. Wer gewinnt die prestigeträchtigste Hightech-Regatta der Welt?

Eine Fortsetzung oder ein Neustart? Die Schweiz ist nach 14 Jahren wieder beim America’s Cup dabei. Seit 2022 unter dem Namen Alinghi Red Bull Racing startet erstmals eine rein schweizerische Crew an der spektakulärsten Segelregatta der Welt. Mit dabei: Gründer und Besitzer von Alinghi, Ernesto Bertarelli, der den Silberpokal zweimal nach Europa brachte. Mit Partner Red Bull bietet sich die Chance für Synergien.

Denn schon allein der Weg bis zur Startlinie des AC75-Foilers ist lang. Über die Kosten der Teilnahme spricht niemand, Schätzungen zufolge sind es über 100 Millionen Dollar, allein das Startgeld beträgt 1,5 Millionen. Im Team Alinghi haben seit Monaten 150 Profis das Ziel im Blick.

Ohne Hydraulik geht nichts an Bord

Im America’Cup gilt das Motto: «There is no second» – es zählt nur der Sieg. Bis am 7. Oktober treten die fünf Herausforderer im direkten Duell gegeneinander an. Die Boote sind 75 Fuss lang und gleiten auf Foils mit rund 100 km/h übers Wasser. Sie schwimmen nicht, sie fliegen!

Adolfo Carrau, der Designkoordinator, nennt das neue Boot eine «radikale Idee» – es ist kein Boot, sondern eine Hightech-Plattform, die alles integriert: Segeldesign, Crew, Foiltechnik und drei unabhängige Hydrauliksysteme. Die Kräfte sind enorm, Muskelkraft reicht nicht aus. Alles wird über Hydraulik geregelt. Die Systeme für die Flugsteuerung und die Foilarme, auf denen bis zu 35 Tonnen lasten, werden durch Batterien gespeist.

Die Segelhydraulik ist ein eigens entwickeltes System. Bunte, geblähte Spinnaker (Vorsegel) sucht man vergeblich. Das Grosssegel besteht aus zwei Segeln, die zu einem schwarzen Flügel geformt werden. Die Energie dafür liefern die vier Cyclists, die den Job der früheren Grinder übernommen haben. Pro Regattatag verbrennen sie 3500 bis 4000 Kalorien, wenn sie mit Spitzenleistungen von bis zu 2000 Watt für eine Dauer von etwa sechs Sekunden pedalen, erklärt Cyclist Nils Theuninck. Ein normaler Trainingstag ist noch intensiver, bis 5000 Kalorien werden dann verbraucht.

Das alte englische Sprichwort gilt immer noch

Maxime Bachelin, der junge Schweizer Steuermann: «Unsere Stärke? Wir haben ein hohes Niveau auf dem Boot und können offen mit allen über alle möglichen Verbesserungen diskutieren und diese gemeinsam umsetzen. Seit Beginn der Kampagne haben wir eine steile Lernkurve.»

Die Vorstartphasen sind sehr dynamisch und müssen aggressiv gefahren werden. Nach den ersten Rennen von vergangener Woche, den Vorregatten, hatten die Teams Zeit, ihre Boote noch schneller zu machen. Das Schweizer Team bewies sich als gute Startcrew, konnte allerdings nur eines der Rennen gewinnen. Die Ausscheidungsrennen sind dafür bekannt, dass alle Teams in kürzester Zeit enorme Fortschritte machen.

In mehreren Etappen wird schliesslich der Herausforderer des amtierenden Cup-Gewinners aus Neuseeland bestimmt. Mehrmals waren die Kiwi-Segler unschlagbar und behielten den Cup. Werden sie ihn auch dieses Mal wieder erfolgreich verteidigen?

Das alte Sprichwort gilt darum immer noch: «There is no second» – wie schon 1851 die englische Königin erfahren musste, als die Amerikaner mit der Jacht «America» die Regatta rund um die Isle of Wight für sich entschieden und den Pokal mit nach New York nahmen. Wo er dann 132 Jahre lang blieb. Jürg Kaufmann, Barcelona

Herr Bertarelli, Sie sind nach 14 Jahren Pause wieder am America's Cup dabei. Was hat Sie motiviert, mit Alinghi wieder an den Start zu gehen? 

Ernesto Bertarelli: Einige Elemente – zuallererst die Boote! Als ich die ersten Entwürfe des AC75 sah, war ich ziemlich skeptisch. Aber sobald sie 2020 bei ihrer ersten Segelsession auf ihren Foils auftauchten, war ich begeistert. Die Technologie, die in dieser neuen Bootsklasse steckt, ist absolut revolutionär. Und die Entwicklung, die wir in nur zwei Zyklen des America’s Cup gesehen haben, ist unglaublich.

Dann war da die Gelegenheit, mit einem prestigeträchtigen Partner wie Red Bull einen Neuanfang zu machen. Der verstorbene und grossartige Dietrich Mateschitz (Ex-Boss von Red Bull, d.Red.) und ich haben eine fantastische Beziehung aufgebaut, die auf einer gemeinsamen Vision von Exzellenz im Sport basiert. Die Expertise von Alinghi im America’s Cup in Partnerschaft mit den Technischen- und Kommunikationsteams von Red Bull zu kombinieren, schuf eine synergistische Gelegenheit, die ich nicht verpassen wollte.

Schliesslich, seit Alinghis erstem Sieg 2003 in Auckland und dank unserer und anderer kontinuierlichen Unterstützung des Segelsports in der Schweiz, sei es durch die Anstellung junger Talente, die auf Alinghis D-35, GC-32 oder TF-35 segeln, oder durch die jahrelange Unterstützung von Swiss Sailing, befinden wir uns mitten in einer echten «Alinghi-Generation». Die Kinder, die vor 20 Jahren nachts aufwachten, während wir in Neuseeland segelten, sind jetzt an Bord von BoatOne.

2003 waren Sie noch mit dabei auf dem siegreichen Boot. Was ist ihre Rolle diesmal in der Kampagne? 

Als Präsident des Vorstands von Alinghi Red Bull Racing besteht meine Hauptaufgabe darin, den Menschen um mich herum zuzuhören und ihnen zu vertrauen, die in ihren jeweiligen Bereichen viel erfahrener sind als ich. Aber dank meiner Erfahrung in Management und Führung sowie den Lektionen, die ich nach zwei erfolgreichen Kampagnen im America’s Cup und der Niederlage 2010 gelernt habe, kann ich dem Team fundierte Ratschläge geben. Ich möchte alle unsere Teammitglieder dazu befähigen, die beste Version ihrer selbst zu werden. Ebenso bin ich da, um schwierige Entscheidungen zu treffen, wenn es ein Problem zu lösen gibt.

Artikel aus der «Schweizer Illustrierten»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Blick+ Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

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Warum engagieren Sie sich dermassen für den Segelsport?

Ich segle, seit ich sehr jung war. Als wir in Italien Urlaub machten, war mein erster Geschmack von Freiheit nicht eine Vespa wie bei den meisten jungen Männern und Frauen, sondern ein Segelboot. Es gab mir ein tiefes Gefühl von Dankbarkeit und Verantwortung gegenüber dem Meer. Und es lehrte mich, dass der direkte Weg nicht immer der schnellste ist, um sein Ziel zu erreichen... Segeln ist nicht nur ein grossartiger Sport, sondern auch eine Schule fürs Leben. Im Bereich des Wettkampfsegelns hat man all das, was ich gerade erwähnt habe, aber kombiniert mit der Kameradschaft eines gemeinsamen Weges mit seinen Teamkollegen. Darüber hinaus ist es wirklich einer der wenigen ultra-hochtechnologischen Teamsportarten, was für mich besonders faszinierend ist. Und natürlich kann das Erlebnis, den America’s Cup über den Kopf zu heben, ziemlich süchtig machen!

Was ist ihr Motto?

Egal, welche Herausforderung oder Gelegenheit man angeht oder was man aufbauen möchte, nachhaltiger Erfolg wird nur erreicht, wenn er auf bestimmten Werten basiert. Und diese Werte müssen eine echte Bedeutung haben. In meinem Fall sind es Werte, die mir über Generationen hinweg vermittelt wurden und die ich weitergeben will. Sie bleiben zentral dafür, wie mein Unternehmen B-Flexion investiert und wie Alinghi Red Bull Racing agiert. Im Kern stehen Integrität, Durchhaltevermögen, Leistung, Verantwortungsbewusstsein und die «Kultur des Möglichen», die ich immer gefördert habe.

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