Vor einem Jahr war sie noch ganz oben
Jetzt muss Del Ponte sogar um die EM zittern

Vor einem Jahr war sie bei Olympia die schnellste Europäerin. Nun droht Ajla Del Ponte an der EM ein Platz auf der Tribüne. Doch eine Chance hat sie noch.
Publiziert: 03.08.2022 um 20:37 Uhr
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Ajla Del Ponte zittert um den Start bei der EM.
Foto: keystone-sda.ch
Emanuel Gisi

Ajla Del Ponte (26) leidet. Die Sprint-Rakete glaubte sich vor der WM in Eugene auf dem Weg zurück an die Weltspitze über 100 m. Doch an der US-Westküste folgt der nächste Rückschlag: Out im Vorlauf in 11,41 Sekunden. Bescheiden für ihre Ansprüche.

«Mein Herz ist gebrochen», schreibt sie danach auf Instagram. «Manchmal hoffst du, dass all das, was du geleistet hast, gut genug sein wird.» In Eugene wird klar, dass sie nach ihrer Oberschenkel-Verletzung im Frühjahr trotz zuletzt positiver Anzeichen immer noch nicht auf Top-Level ist. Bitter.

Im Showdown gegen Frey geht es um alles

Nun kommt es noch dicker für die Tessinerin: Sie muss ein Jahr nach Platz 5 bei Olympia sogar um den EM-Start zittern. Im Aufgebot für die Titelkämpfe in München (ab 15. August) sind dank ihren starken Zeiten in dieser Saison nur Rekord-Sprinterin Mujinga Kambundji (30) und Top-Talent Nathacha Kouni (21) fix eingeplant.

Um den dritten Schweizer Startplatz kommt es zum Showdown zwischen Del Ponte und Géraldine Frey (25). Die beiden müssen am 10. August in Langenthal gegeneinander antreten – die Siegerin startet an der EM im Einzel, der Verliererin bleibt der Platz in der 4x100-m-Staffel.

Letzter Startplatz nicht vom Schreibtisch aus vergeben

«Keine alltägliche Situation», sagt Verbands-Leistungssportchef Philipp Bandi, der mit der Selektionskommission den aussergewöhnlichen Sprint-Showdown angeordnet hat. «Sie zeigt, wie weit der Frauen-Sprint in der Schweiz ist.» Sieben Schweizerinnen erfüllten die EM-Limite. Zum Vergleich: In Deutschland gelang das vier Frauen, in Grossbritannien drei.

Für den Verband ein gutes Zeichen, für Del Ponte und Frey unangenehm. «Wir mussten entscheiden, wie wir mit dieser Situation umgehen», sagt Bandi, der mit seiner Kommission Leistung, Konstanz, Formkurve und Direktvergleiche analysieren musste. «Es war schwierig, den letzten Startplatz vom Schreibtisch aus zu vergeben. Das hätten wir nicht mit gutem Gewissen gekonnt.»

Und so erlebt die letztjährige Überfliegerin Del Ponte 2022 einen weiteren schwierigen Moment. Das Jahr bisher für sie? «Eine Lektion in Geduld», formuliert sie es in ihrem jüngsten E-Mail-Newsletter. Und ein neues «Verständnis dafür, dass ein Körper, der monatelang nicht arbeitet, nicht zaubern kann, aber noch wichtiger ist, dass der Geist ein Tempel mit einem erdbebensicheren Fundament sein muss.»

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