Ein neuer Schweizer Rekord im Weitsprung (8,30 m), ein neuer Schweizer Rekord im Zehnkampf (8354 Punkte), dazu persönliche Bestleistungen mit Diskus und Kugel. Zehnkämpfer Simon Ehammer (22) erlebt in Ratingen (D) ein Hammer-Wochenende.
Um die Leistung einzuordnen: Bei den Olympischen Spielen in Tokio wäre Ehammer mit seinem 8,30er-Satz auf den Bronzeplatz gesprungen. Bei den Weitsprung-Spezialisten.
Ein Bier auf den Rekord – die grosse Party folgt erst viel später
Wie feiert man so eine Rekordschwemme im ersten Wettkampf der Saison? Ehammers Programm am Sonntagabend: Dopingkontrolle, aufräumen, essen, die Stabhochsprung-Stäbe für den Heimweg verladen, dann irgendwann Feierabend. «Meine Freundin war schon abgereist, Trainer Karl Wyler war der einzige, der noch da war. Wir haben gemütlich ein Bier getrunken, die grosse Party gab es nicht», sagt er Montagmittag am Telefon zu Blick. «Ich kann Ende Saison dann richtig feiern, wenn wir alle Erfolge zusammennehmen.»
Der Satz alleine verrät, wie Ehammer tickt. Der Appenzeller hat diesen Sommer noch grosse Dinge vor. Die grösste Leistung eines Schweizer Zehnkämpfers in der Geschichte ist für ihn nur ein Zwischenstopp. Die nächsten Tage bekommen die Beine etwas Ruhe, der Muskelkater wird auskuriert. «Doch nachher greife ich wieder an. Da ist noch einiges möglich!»
In Götzis (Ö) Ende Mai nimmt der Hallen-WM-Silbermedaillengewinner im Siebenkampf die 8500er-Marke ins Visier, die als Eintrittsticket zur absoluten Weltspitze gilt. «Ich habe überall noch Potential. Bis auf Kugel und Speer hatte ich in keiner meiner Disziplinen Wettkampfpraxis. Da werden wir in Götzis sicher einen grossen Unterschied sehen.»
In Paris 2024 will er ganz vorne dabei sein
Ein Unterschied sind diese Tage vor allem im Vergleich zur letzten Saison. Da hatte Ehammer sich die Rekorde bereits zum Ziel gesetzt, am Ende aber machte der Körper nicht mit. «Eine Verletzung braucht kein Athlet», sagt er. «Aber man lernt in so einer Pause viel über sich, auch wenn ich viel gehadert habe. Ich hatte nicht mehr die gleiche Lust auf Sport. Jede falsche Bewegung hat weh getan.»
Weh tat es auch, am TV die Olympischen Spiele zu verfolgen. «Es war hart, den Kollegen zuzuschauen. Aber Olympia kommt für mich noch ein paar Mal. Und jetzt bin ich noch ein bisschen mehr motiviert für Paris.» Um dabei zu sein? «Nicht nur dabei zu sein. Ganz vorne zu sein.»