Was macht die Leistungen von Mujinga Kambundji (31) in den vergangenen Jahren so beeindruckend? So hoch wie jetzt war das Level im Frauen-Sprint noch nie. Die grossen Figuren kommen dabei aus Jamaika: Shelly-Ann Fraser-Pryce, Shericka Jackson und Elaine Thompson-Herah dominierten über 100 Meter praktisch nach Belieben.
Doch jetzt könnte die karibische Phalanx geknackt werden. Wegen der schnellen Ivorerin Marie-José Ta Lou. Und vor allem wegen Sha'Carri Richardson (23). Ihre Outfits sind jetzt schon legendär: Sie rannte einst im Ganzkörper-Netzstrumpf, mit ultra-tiefem Ausschnitt oder in einem mit Pailletten geschmückten Outfit, mit Schmuck behangen und mit bunten Haaren. Bei Richardson ist die Show garantiert, ob sie siegt oder nicht. Doch im Moment sind bei ihr auch die Leistungen spektakulär. Die Texanerin ist die zweitschnellste Frau in diesem Jahr und ist fünf der acht schnellsten Zeiten 2023 gelaufen.
Marihuana-Sperre und Trials-Debakel
Bleibt die Frage: Kriegt sie es auf der grossen Bühne hin? Schon 2021 in Tokio sollte sie bei den Olympischen Spielen glänzen, vergangenes Jahr an der WM in Eugene ebenfalls. Zweimal kam etwas dazwischen: Vor zwei Jahren musste sie mit einer Marihuana-Sperre zu Hause bleiben, vergangenes Jahr scheiterte sie völlig überraschend bei den US-Trials schon im Vorlauf.
Darum schüttelte manch ein Beobachter resigniert den Kopf, als sie im Januar aus einer American-Airlines-Maschine geworfen wurde, nachdem sie mit einem Flugbegleiter aneinandergeraten war. Immer Ärger mit Richardson! Würde sie tatsächlich ihr riesiges Talent verschleudern?
Im Moment scheint sie die Kurve zu kriegen. «Jetzt kommt meine Zeit!», tönte sie am Sonntag in Budapest, nachdem sie sich im 100-m-Vorlauf in 10,92 Sekunden als Schnellste locker der Pflicht entledigt hatte. Mit bunten Haaren und Riesen-Fingernägeln. Vielleicht bringt sie am Montagabend im 100-m-Final ja alles zusammen.