Es ist wie verhext: Mujinga Kambundji (29) läuft die beste Saison ihres Lebens. Aber ihre Bestzeiten über 100 und 200 m hat sie diesen Sommer noch nicht übertrumpfen können. Bei den Olympischen Spielen egalisiert sie ihre eigenen Schweizer Rekorde dreimal. In der Nacht auf Sonntag kommt es noch dicker: Beim Diamond-League-Meeting in Eugene im US-Bundesstaat Oregon läuft Kambundji über 200 m in 22,06 Sekunden auf Platz 1, zwei Zehntel schneller als ihr Schweizer Rekord.
Der Blick auf die Anzeigetafel aber zeigt: zu viel Rückenwind! Zwei Meter pro Sekunde wären erlaubt, das Messgerät beim Prefontaine Classic zeigt jedoch 2,4 m/s an. Heisst: Die Bedingungen werden als nicht regulär gewertet, die Zeit wird keine Aufnahme in die Rekordbücher finden.
«Im ersten Moment habe ich gar nicht gecheckt, dass es zu viel Wind hatte», sagt Kambundji, als sie sich am Sonntagmorgen Ortszeit von der US-Westküste meldet. Sie trägt es mit Fassung. «Das ist schade, aber es ist okay. Ich weiss, dass ich so eine Zeit wieder laufen kann, jetzt muss ich es halt noch einmal machen.»
«Krass, was sie zeigt»
Etwas anderes ist der Bernerin viel wichtiger. Sie feiert eine Premiere: Der Sieg im 200er, in dem sie die Amerikanerin Gabrielle Thomas und die Britin Dina Asher-Smith auf die Plätze 2 und 3 verweist, ist ihr erster Triumph auf Stufe Diamond League überhaupt. «Darüber freue ich mich sehr!»
Nicht gleich glücklich ist sie mit ihrem Rennen über 100 m kurz davor. Da verliert sie am Start zu viel Zeit, kommt in 10,96 Sekunden ins Ziel. Vorne geht derweil die Post ab: Olympiasiegerein Elaine Thompson-Herah wetzt in 10,54 Sekunden über die Tartanbahn – die zweitschnellste Zeit der Geschichte! Eine Fabelzeit, fünf Hunderstel nur über dem Weltrekord von Florence Griffith-Joyner. «Ich habe nicht gemerkt, wie schnell sie vorne läuft», sagt Kambundji über den Lauf der Jamaikanerin. «So etwas kriege ich im Rennen jeweils nicht mit. Aber als ich die Zeit und die Wiederholung gesehen habe, war ich ziemlich beeindruckt. Es ist krass, was sie zeigt.»
Rekord in Lausanne?
Die nächste Gelegenheit, auf Rekordjagd zu gehen, kommt bald. Am Donnerstag geht es bei Athletissima in Lausanne auf der Diamond-League-Bühne weiter.
Neben Kambundji wird eine weitere Schweizerin wieder Spitzenzeiten ins Visier nehmen: Ajla Del Ponte, die Kambundjis 100-m-Rekord mittlerweile auf 10,90 Sekunden verbessert hat, ist ebenfalls am 100-m-Start. Und auch Thompson-Herah und Landsfrau Shelly-Ann Fraser-Pryce sind gemeldet. Gut möglich, dass diese Woche in der Schweiz der nächste Rekord purzelt.