Der Mann erlebt in diesen Tagen mal wieder einen Höhenflug. Wenn Hochspringer Gianmarco Tamberi (30) heute Mittwoch bei Weltklasse Zürich auf dem Zürcher Sechseläutenplatz zur Flugshow antritt, tut er das mit einem Ring am Finger. «Natürlich!», lacht er verschmitzt. «Sonst bin ich in ein paar Tagen schon wieder geschieden.» Und das wäre nun wirklich schade: Am 1. September erst hat Tamberi seine langjährige Freundin Chiara Bontempi geheiratet. «Ein sehr emotionaler Moment», erzählt der Italiener. «Ich habe wie ein Baby geweint. Einer der besten Tage meines Lebens, eine fantastische Party.»
Aber ein bisschen seltsam, so mitten in der Saison, oder? Der Grund ist simpel: Die Tamberis hofften auf schönes Wetter für die Hochzeit. Doch dann regnete es am grossen Tag. «Bis eine halbe Stunde vor Beginn die Sonne rauskam.» Der Plan ging also auf – und nun soll beim Diamond-League-Final in der Schweiz der nächste Höhepunkt folgen.
«Er ist mein Bruder»
Dort wird er einem der Hochzeitsgäste bereits wieder begegnen: Mutaz Essa Barshim (31). «Er ist mein Bruder», sagt Tamberi über den Katarer. Die beiden schrieben bei Olympia in Tokio im vergangenen Sommer Sportgeschichte. Beide hatten die 2,37 m übersprungen und waren an 2,39 gescheitert. Statt in einem Stechen bis zum bitteren Ende den Sieger auszumachen, teilten sie sich Gold. Die Bilder gingen um die Welt, Tamberi und Barshim wurden auf einen Schlag zu einem Symbol für Sportsgeist und Freundschaft. Aber mittlerweile ist auch klar: Das war eine einmalige Aktion, erste Plätze werden künftig nicht mehr geteilt.
Auf den Arm nehmen sich die zwei trotzdem noch. «Er hat mich angerufen und verkündet: ‹Ich heirate!› Ich habe gemeint: ‹Tu es nicht!›», sagt der bereits verheiratete Barshim und lacht schallend, als er gefragt wird, was er seinem Kumpel vor der Hochzeit geraten habe.
Für Unterhaltung ist am frühen Mittwoch-Abend auf der temporären Anlage vor dem Opernhaus also gesorgt. Aber das ist bei Tamberi, der vor vollen Rängen so richtig aufzublühen scheint, ohnehin klar. «Ich habe früher Basketball gespielt, da sind die Spieler viel enger mit dem Publikum», erklärt er seine ausgiebigen Flirts mit den Fans, für die ihn das Publikum längst liebt. «Die Leichtathleten waren viel mehr auf sich fokussiert, die sahen so traurig aus. Ich will doch nicht traurig sein.»