Historische Medaillen-Flaute
Deutschland jetzt auch im Leichtathletik-Loch

Es ist nicht das Sportjahr Deutschlands. Nach dem Fussball setzt es auch an der Leichtathletik-WM in Budapest eine bittere Enttäuschung ab.
Publiziert: 28.08.2023 um 17:26 Uhr
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Bittere Pleite für die deutsche Leichtathletik und Speerwurf-Hoffnung Julian Weber: An der WM in Budapest bleibt die stolze Sportnation erstmals ohne Medaille.
Foto: imago/Eibner

Das hat es in der Geschichte der Leichtathletik noch nie gegeben: Die Sportnation Deutschland reist ohne Medaillengewinn von der WM aus Budapest ab. Ein vierter sowie vier fünfte Plätze stürzen nach dem Fussball eine zweite Sportart in unserem Nachbarland in die Krise.

Gross ist denn auch die Kritik. «Die Deutschland-Schande», kommentierte beispielsweise «Bild». Eine Leichtathletik-WM ohne Medaille sei ein ähnliches Fiasko, wie an der Fussball-WM in der Gruppenphase auszuscheiden. Nach dem DFB (Deutscher Fussballbund) steht auch der Leichtathletikverband (DLV) gewaltig in der Kritik – und das ausgerechnet ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Paris.

Letztes Eisen im Feuer holt nur Blech

«Ich weiss gar nicht genau, was heute los war. Ich habe alles reingelegt, alles gegeben», sagte Julian Weber (28) ins ZDF-Mikrofon, nachdem er sich im Speerwurf-Final mit Platz 4 begnügen musste. Als letzte Medaillenhoffnung Deutschlands konnte er dem Druck nicht standhalten. Mit 85,79 blieb er fast zweieinhalb Meter hinter seiner Bestleistung (88,17) – und ärgerte sich entsprechend, dass er das Debakel nicht noch abwenden konnte.

So wurde der von DLV-Präsident Jürgen Kessing (66) befürchtete «Worst Case» Tatsache. Zwar fehlten mit Malaika Mihambo (29, Weitsprung) oder Johannes Vetter (30, Speer) zwei potenzielle Medaillengewinner in Budapest, mit Edelmetall hatte man aber dennoch geplant. Kessling: «Wir sind nicht hergekommen, um mit leeren Händen wieder nach Hause zu fahren.»

Internationale Konkurrenz zu stark?

Jürgen Hingsen (65), in Deutschland eine Zehnkampf-Legende, nennt die Bilanz gegenüber dem Sport-Informations-Dienst (SID) als «Trauerspiel». Er kritisiert, dass es dem DLV an einem klaren Konzept fehle. Während die Welt sich weitergedreht habe, sei die deutsche Leichtathletik stehengeblieben. Dazu passen Aussagen von Athleten, die mit guten Auftritten an den Medaillenplätzen vorbeischrammten. Beispielsweise Christopher Linke (34) der im Gehen über 20 und 35 km zwei deutsche Rekorde aufstellte, als Fünfter jedoch zweimal neben dem Podest landete. Linke: «Vielleicht ist die internationale Konkurrenz einfach zu stark.»

Die Konkurrenz wäre auch beinahe für Frankreich zu stark gewesen. Das Gastgeberland der Olympischen Spiele nächsten Sommer sichert sich am letzten Wettkampftag über 4x400 m Silber – und wendet das Horrorszenario, das Deutschland erlebt, im letzten Moment ab. Für das Highlight im nächsten Jahr muss bei unseren Nachbarländern aber noch einiges gehen. (dti)

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