Tom Brady: Avocados und früh ins Bett
Die billigen Scherze waren Quarterback-Superstar Tom Brady (43) gewiss, als er vor einem Jahr aus New England nach Tampa Bay wechselte. Ein älterer Herr aus dem Nordosten, der sich im Seniorenparadies Florida noch ein paar schöne Jahre macht? Das kennt man doch. Statt den Vorruhestand unter Palmen zu geniessen, lanciert Brady vergangene Saison aber seinen dritten oder vierten Frühling, gewinnt mit den Tampa Bay Buccaneers den Super Bowl, den siebten seiner Karriere – Rekord. Hätte man das ahnen müssen? 2014 wurde er gefragt, wann er denn zurückzutreten gedenke. Immerhin sei er schon 37. «Wenn ich scheisse spiele, höre ich auf», sagte er. «Aber das habe ich noch lange nicht vor.» Möglich machts eine disziplinierte Lebensweise, die ihresgleichen sucht: Nur ausgesuchte Lebensmittel kommen auf den Teller, viel Gemüse, viel Bio, wenig Fleisch. Legendär sind seine Vorliebe für Avocados und seine frühe Schlafenszeit. Im Hause Brady ist um 20.30 Uhr Lichterlöschen. Wie es sich für einen älteren Herrn aus Florida eben gehört.
Zlatan Ibrahimovic: 14 Spiele, 14 Tore mit 39 Jahren
Normalerweise kehren sie von da nicht mehr zurück: Bis vor einem Jahr spielte Zlatan Ibrahimovic (39) in der Major League Soccer, der US-Profiliga, wo verdiente Alt-Fussballstars normalerweise hingehen, um ihr Gnadenbrot zu essen. Entsprechend überschaubar waren die Erwartungen, als der Schwede Anfang Jahr zur AC Milan stiess. Bei allen ausser Zlatan, wohlgemerkt. «Ich bin nicht als Maskottchen hergekommen», sprach er. Und hielt fest, was es nun geschlagen hatte: «Nicht jedem gefällt es, zu leiden. Mir ja, ich arbeite immer hart. Zu meinen Mitspielern werde ich auch hart sein, ich habe jetzt zwei Kinder, ich habe kapiert, wie das geht.» Man weiss nicht, was das für die Ibrahimovic-Sprösslinge bedeutet, auf dem Fussballplatz verheisst es für die Konkurrenz jedenfalls nichts Gutes. Milan liegt in der Serie A auf Platz 2. Auch dank Ibrahimovic, der in 14 Meisterschaftsspielen 14-mal getroffen hat.
Serena Williams: Eine grössere Tennisspielerin gibt es nicht
Woran man erkennt, dass eine Sportlerin grösser ist als ihre Sportart? Wenn der Vorname allein schon reicht, um klarzumachen, wer gemeint ist. «Serena» ist so ein Fall: Serena Williams (39), 23-fache Grand-Slam-Siegerin, zuletzt in Melbourne auf der Jagd nach Rekord-Major-Titel Nummer 24 erst an Turniersiegerin Naomi Osaka (23) gescheitert. Für viele Beobachter ist längst klar: Eine grössere Tennisspielerin hat die Welt nie gesehen. Stil, Dynamik und Resultate auf dem Platz sprechen für sich. Und darüber hinaus hat sie Einfluss wie niemand sonst: Zusammen mit Schwester Venus (41) hat sie einem Dutzend schwarzen US-Tennisfrauen von Sloane Stephens bis Cori Gauff gezeigt, dass der «weisse Sport» auch ihnen gehört. Als Kämpferin für gleiche Rechte und Preisgelder für weibliche Profis ist sie eine Inspiration, als Modeikone und Geschäftsfrau macht sie auch abseits der Sportseiten Schlagzeilen. Ach ja, und dann überlebte sie bei der Geburt von Tochter Alexis Olympia (3) im September 2017 ein Blutgerinnsel, kämpfte sich innert einem halben Jahr zurück und stand seither viermal in einem Grand-Slam-Final. «Ich würde nicht sagen, dass ich ein Superstar bin», sagte sie an den US Open 2019. «Ich bin einfach Serena. Ich versuche nicht, berühmt zu sein, ich versuche nicht, etwas Besonderes zu sein.» Wenigstens damit ist sie gescheitert.
Kazuyoshi Miura: Der älteste Fussballprofi der Welt
Es passiert immer am 11. Januar um 11:11 Uhr: Kazuyoshi Miura (54) verlängert seinen Vertrag beim FC Yokohama um ein Jahr. «King Kazu» ist der älteste Profifussballer der Welt, auch wenn er in der höchsten Liga Japans nur noch sporadisch zum Einsatz kommt: 185 Pflichtspielminuten absolvierte er letzte Saison in Meisterschaft und Cup noch. Sein legendäres Tor-Tänzchen hat er 2017 zum letzten Mal vorführen können – aber da hat es sich gelohnt: Der Abstauber-Treffer machte ihn zum ältesten Torschützen der Geschichte, niemand geringeren als England-Legende Sir Stanley Matthews (†85) überholte er. Sein Geheimnis: Eisbäder nach dem Training, viele Proteine und wenig Fett, auf den Salat kommt höchstens ein bisschen Olivenöl – schliesslich überprüft er Gewicht und Körperfettgehalt angeblich vier bis fünfmal am Tag.
Kelly Slater: Seit 30 Jahren auf der Erfolgswelle
«Zahlen beeindrucken mich nicht», sagt Kelly Slater (49). Schade eigentlich. Der US-Amerikaner wurde 1992 der jüngste Surf-Weltmeister der Geschichte, seither hat er die Erfolgswelle nicht mehr verlassen, 2010 wurde er der älteste Weltmeister der Historie. Elfmal wurde er Surf-Champion, siegte er nicht, stand er praktisch immer auf dem Podest. 2019 holte er zum dritten Mal die «Triple Crown of Surfing» – mit 47 Jahren. Als er vor ein paar Jahren seinen Rücktritt andeutete, stürzte die Surf-Szene in eine kollektive Depression. Slater erlöste die Surfer, machte weiter. Dabei könnte der Ju-Jitsu-Meister, Golf-Könner (Handicap: 2), Filmstar, Fair-Fashion-Unternehmer und Ozeanschützer seiner Passion längst zu Hause und ohne Wettkampfstress nachgehen – mit seiner Kelly Slater Wave Company hat er die laut Experten beste künstliche Welle der Welt geschaffen. Er sagt: «Von dieser Welle habe ich mein ganzes Leben lang geträumt.»
Nicola Spirig: Erst die dritte Medaille, dann Netflix-Weltrekord
Die Frau ist der Wahnsinn. Drei Kinder hat Triathletin Nicola Spirig (39) schon, in Tokio soll im Sommer auch die dritte Olympia-Medaille folgen. Wo andere Athletinnen mit der Geburt des ersten Kindes die Karriere an den Nagel hängen, legte Spirig so richtig los: 2012 wurde sie in London Olympiasiegerin, 2013 kam Sohn Yannis zur Welt. 2016 Olympia-Silber, 2017 die Geburt von Tochter Malea. Auf den EM-Titel 2018 folgte die Geburt von Sohn Alexis 2019. Nach Tokio folgt 2022 das nächste Megaprojekt: Spirig ist eine von mehreren Triathlon-Stars, die für eine Netflix-Dokumentation den Ironman-Weltrekord aufstellen wollen.
Jaromir Jagr: Extraschichten im Training – und Muffins danach
Eishockey-Legende Jaromir Jagr (49) mag seine Arbeitgeber (9 alleine in der NHL) fast so oft gewechselt haben wie seine Freundinnen (unzählige), in zwei Dingen ist er konsequent. Da ist die Frisur: Die Jagr-Mähne, die unter dem Helm hervorquillt, ist legendär. Viel wichtiger: sein Arbeitsethos. «Ich bin bereit, für dieses Spiel alles zu tun, solange ich kann», sagte er 2016, als er Mark Messier in der ewigen NHL-Skorerliste auf Platz 3 verdrängte. «Als ich ihn das erste Mal getroffen habe, hatte er eine Gewichtsweste an und Gewichte an den Knöcheln», erinnert sich Lausanne-Stürmer Denis Malgin (24), der 2016/17 mit dem Tschechen, damals 44-jährig, bei den Florida Panthers spielte. Rasch stellte sich heraus: Jagr läuft immer so herum. «Er hatte in jedem Eistraining die Gewichte montiert. Das war für ihn normal: Immer mehr machen als alle anderen.» Es habe kein einziges Training gegeben, das Jagr ausgelassen habe, mehr noch: Geschichten über Sonderschichten am Samstagabend alleine mit dem Athletiktrainer gibt es praktisch an jeder von Jagrs Stationen. Da kann man sich auch einmal etwas gönnen. Malgin lachend: «Er hat hart trainiert, aber dafür auch seine Muffins geliebt.» Der Lohn: 24 extrem erfolgreiche Saisons in der NHL. Einzig Wayne Gretzky hat mehr Skorerpunkte erzielt. 135-mal erzielte Jagr den entscheidenden Treffer eines NHL-Spiels – so viele wie niemand sonst. Mittlerweile besitzt Jagr zu Hause in Kladno seinen Jugendklub. Für den er selbstverständlich auch aufläuft.