Es waren nur zwei Achtelfinals. «Aber das sind Partien, die bei jedem Turnier mindestens einen Halbfinal wert sind – oder sogar ein Endspiel», sagte Reporter Oliver Fassnacht zu Beginn.
Strafaufgabe am TV
Im ersten Match konnte es sich Fassnacht nicht verkneifen, den Match zwischen der Japanerin Naomi Osaka (23) und der Spanierin Garbine Muguruza (27) zu einer Strafaufgabe für die TV-Fans zu machen.
Wer sich die Mühe nimmt, sich mit Tennis aus Australien die Nächte um die Ohren zu schlagen, der will unterhalten und nicht ständig belehrt und vollgequatscht werden.
Klar, Fassnacht ist die Tennis-Stimme Nummer 1 bei Eurosport. Neben Experte Boris Becker, der diesmal in München bleiben musste!
Quatsch, Schnapsidee, Blödsinn
Dem Tennislehrer, Philosophen, Puristen, Sprachakrobaten, Psychologen, Coach und Kritiker gefiel schon nicht, dass zu Beginn – wie bei jedem Spiel – die Prozentzahlen der Siegeschancen eingeblendet wurde: 71:29 für Osaka.
Fassnacht: «Das ist doch nur albern.» Und dann wurde er richtig sauer: «Wenn sie hier den Applaus einspielen würden, wäre das Quatsch.» Und natürlich wurde bei den meisten Punkten im leeren Stadion die künstliche Atmosphäre erzeugt. Fassnacht: «Das ist doch eine Schnapsidee und macht das Spiel kaputt. Ein Blödsinn, weil es die echte Situation verfälscht. Wir haben hier einen Lockdown, also müssen wir damit leben.»
Jeden Punkt zerpflückt
Schon der erste Satz hätte zu einem halben Buch gereicht. Osaka, die Nummer 3 des Turniers, führte 2:0 und 4:3, musste aber den Satz nach 31 Minuten mit 4:6 abgeben. Eigentlich war man schon müde, weil Fassnacht uns dauernd die Zahlen um den Kopf schlug und fast jeden Punkt ins kleinste Detail zerpflückte.
Im zweiten Satz sprach er bei Osaka dauernd von Plan A («Ich dachte sie weiter!»). Ohne Ton hätte man den tollen Match geniessen können. Die Asiatin lag 0:2 zurück, holte den Satz aber nach 33 Minuten mit 6:4.
Fassnacht: «Ich warne sie…»
Vor dem entscheidenden Satz dachte Fassnacht plötzlich an den nächsten Match: «Ich warne davor, nur nicht zu viel von Williams und Sabalenka zu erwarten. Dass es ein Spiel wird, das uns vom Hocker reisst!»
Also mitten in der Spannung und der Frage nach der Siegerin im laufenden Drama. Nun, Osaka, die zeitweise wie weggetreten agierte, lag 2:4 und 3:5 zurück. Doch Muguruza hatte ein zu schwaches Nervenkostüm und Osaka machte fast keinen Fehler mehr. Um 03.08 Uhr und 57 Minuten verwertete sie den dritten Matchball zum 7:5.
Hsieh Su-wei weiter
Da stand die erste Viertelfinalistin und Gegnerin von Osaka am Montag mit der ungesetzten Hsieh Su-wei (35) aus Taiwan schon fest. Und was sagte Fassnacht, als man nach dem ersten Satz (6:4) kurz zu diesem Spiel umschaltete: «Da wird von Marketa Vondrousova noch was kommen!» Banale Prognose (wie er ja selbst sagt) – es kam nichts mehr. Nur der zweite Satzverlust der Tschechin mit 2:6…
Fassnacht wie ausgewechselt
Als um 03.32 Uhr das mit grosser Spannung erwartete Generationen-Duell zwischen Williams (39) und Sabalenka (22) begann, war wieder Fassnacht am Mikrofon. Oh weh, aber aus der erwarteten Schulstunde für Anfänger und Fortgeschrittene wurde zum Glück nichts.
Plötzlich hielt sich Fassnacht angenehm zurück. Und wir staunten über das Power-Tennis und den Aufschlag-Thriller mit leider viel zu vielen Fehlern.
Sabalenka bald die Nummer 3?
Die Belarussin auf dem Weg nach ganz oben, hatte von den letzten vier Turnieren drei in Serie gewonnen und 17 der letzten 18 Spiele. «Ich erwarte sie bis Ende Jahr auf dem dritten Platz der Weltrangliste!» Für einmal keine banale Prognose…
Serena Williams, die weiter den 24. Rekordsieg von Margaret Court anpeilt, musste leiden, kämpfen und rennen. Fassnacht lobte bei tollen Bällen von Serena mit den Worten: «Nicht von dieser Welt, wie sie die Bälle holt und dann noch verteilt!»
Der erste Satz ging mit 6:4 an Williams. Dann ging es zu schnell für die Amerikanerin – 0:3, 1:5, 2:6. Fassnacht blieb ruhig, sagte ab und zu «Wahnsinn».
Schreie in der Nacht
Wir staunten über die grosse «alte» Königin des Tennissportes. Sie lag im dritten Satz 4.1 vorne, musste das 4:4 gegen die jetzt bei jedem Punkt durch die leere Arena schreiende Weissrussin hinnehmen. Williams wankte, aber sie fiel nicht.
Fassnacht nach dem 6:4 für Serena: «Dieser Match hat einmal mehr ihre mentale Stärke gezeigt. Keine kann die Power und die Übersicht so paaren wie Serena.»
Jetzt wartet wohl die frühere Weltnummer 1, die Rumänin Simona Halep (die noch auf die Polin Swiatek trifft) als Turnier-Nummer 2 auf Serena.
Thiem um 08.07 Uhr raus
Um 06.06 Uhr wollte der TV Nachtvogel noch den Achtelfinal von Dominic Thiem gegen den Bulgaren Grigor Dimitrov als Bettmümpfeli geniessen. Als der Aussenseiter nach einem 1:3-Rückstand den ersten Satz mit 6:4 gewann, ging in insgesamt zwei Stunden alles sehr schnell – 6:4, 6:4, 6:0.
Der als Nummer 3 gesetzte Österreicher und US-Open-Sieger von 2020 war nach dem Fünf-Satz-Sieg gegen Kyrgios sichtlich angeschlagen, wollte aber nicht aufgeben.