Die Schweizer hatten sich viel für das Rekordspiel vorgenommen, sind zum EM-Auftakt gegen Gastgeber Deutschland (27:14) aber chancenlos. Auch das Schweizer Aushängeschild Andy Schmid kommt nie auf Touren.
Dementsprechend niedergeschlagen gibt sich Schmid im SRF-Interview: «Uns wurden die Hosen ausgezogen heute.» Zuerst lobt der Nati-Leader den Gegner: «Wolff hält überragend. Sie haben uns in allen Punkten aufgezeigt, wo sie besser sind. Wir waren auf keiner Position ebenbürtig. Noch am ehesten im Tor, wo Nikola eine gute Partie macht.» Die Atmosphäre sei zwar grossartig gewesen. «Aber wenn du 14:27 verlierst, ist das sicher kein Highlight. Meine Kinder sind hier, ihnen kann ich es nicht verheimlichen. Aber meinen Grosskindern werde ich das nicht erzählen.»
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Dabei hatte sich die Familie von Andy Schmid so auf diesen speziellen Tag gefreut. Ehefrau Therese war für das Spiel vor Weltrekord-Kulisse mit den beiden Buben Levi (7) und Lio (11) angereist – angeführt von deren Grossmutter. «Es kribbelte schon den ganzen Tag. Ich fiebere sehr stark mit», sagte Erika Schmid auf dem Weg zur Fussballarena von Fortuna Düsseldorf.
Schweizer Fanmarsch zum Rekordspiel ins Stadion
Die Mutter reiste mit gemischten Gefühlen nach Deutschland. Einerseits der grosse Glücksmoment, dass ihr Sohn zum Abschied seiner internationalen Karriere noch einmal auf dieser gigantischen Bühne in seine letzte EM starten darf. Andererseits die anhaltende Ungewissheit über die Fragilität seiner Oberschenkelblessur. «Ich drücke ihm vor allem gesundheitlich die Daumen – schliesslich ist es nicht selbstverständlich, dass er mit 40 Jahren noch auf diesem Level spielen kann.»
So freut sich Mama Schmid schon auf die Zeit, wenn ihr Andy das Amt als Nationaltrainer übernimmt und sich nicht mehr verletzen kann. «Das wird dann definitiv meine Nerven schonen.» Die Nervosität von Oma Erika teilte sich die Familie Schmid vor dem Knaller gegen Deutschland schon Stunden vor dem Weltrekordspiel mit 1500 anderen Schweizer Fans. Bereits am Nachmittag versammelten sich die treuesten Anhänger der Nati auf dem Reeser Platz.
Im Kampf gegen die Minusgrade und die gefrorenen Finger sorgte die rotweisse Menge mit einem friedlichen, aber lautstarken Marsch zur Arena für eine herzerwärmende Atmosphäre. «Wir hätten nie gedacht, dass es einen grossen Aufmarsch von Schweizer Fans gibt. Und das alles noch in dieser riesigen Arena – einfach wunderbar», schwärmte Erika Schmid. So richtig heiss wurde dem Schmid-Fanclub dann aber im überdachten Stadion – bei Temperaturen wie in einem Wellnessbereich.
Gegen die 50’000 deutschen Zuschauer hatten die insgesamt 3000 Schweizer Supporter allen Bemühungen zum Trotz keine Chance. Zu gross war die Übermacht auch auf dem Feld.
Altstar Karabatic wartet als Nächstes
Der Auftakt zu diesem historischen Handball-Tag war am frühen Abend dem wohl komplettesten Spieler der Geschichte vorbehalten: Nikola Karabatic (39) feiert mit Frankreich einen 39:29-Sieg gegen Nordmazedonien. Der dreifache Welthandballer Karabatic ist zwar weit vom Niveau seiner besten Zeiten entfernt, die Franzosen gehören dank ihrer Stars der neuen Generation trotzdem zu den heissesten Kandidaten auf eine EM-Medaille.
Am Sonntagabend sind sie in Berlin nächster Gegner der Schweiz. Vor dann nur noch knapp 15'000 Fans spielt die Nati bereits gegen das EM-Out. Um dies zu verhindern, wird es allerdings einen komplett anderen Auftritt brauchen. Oder wie Andy Schmid sagt: «Nach so einer Klatsche gehört es halt auch dazu, es runterzuschlucken.»