Zuschauer-Weltrekord an der Handball-EM. Und die Schweizer Nati ist beim Startspielknaller gegen Deutschland mittendrin. Die 53’000 Fans in Düsseldorf sind eine noch nie dagewesene Wahnsinnskulisse – doch 53’000 sind auch weit über die Handballgrenzen hinaus aussergewöhnlich.
Ausser unseren Fussballstars in den grossen ausländischen Ligen ist noch kaum jemals eine Schweizer Sportlerin oder ein Schweizer Sportler vor so vielen Menschen angetreten. Nicht mal Roger Federer (42), der grösste Schweizer Sportler der Geschichte. Das grösste Tennis-Stadion befindet sich in New York mit 24’000 Plätzen. Und als auch Federer mal in einem Fussballstadion spielt und so den Tennis-Weltrekord aufstellt, sind beim «Match for Africa» in Kapstadt «nur» 52’000 Fans dabei.
Stucki: «Erschreckt nicht beim Einmarsch»
Christian Stucki (38) hingegen kennt den aussergewöhnlichen Sprung von eher beschaulichen Schauplätzen in eine Riesenarena, wie ihn nun die Handballer erleben. Stucki wurde 2019 in Zug vor 56’000 Fans Schwingerkönig. Er sagt: «Vor so vielen Zuschauern anzutreten, ist eine ganz geile Sache. Das war für mich bei meinen acht Teilnahmen am Eidgenössischen immer speziell. Das erste Mal vor 40’000, dann wurde es immer etwas grösser. Dann kam Zug als Höhepunkt mit 56’000.»
Stucki macht unserer Nati Mut: «Erschreckt nicht am Anfang. Es ist ein spezielles Gefühl beim Einmarsch. Saugt alles auf, die Leute, die Stimmung. Es wird tosen und toben. Doch habt Freude daran, nehmt diese Atmosphäre mit.»
Der Berner gibt den Handballern noch mehr Tipps mit auf den Weg: «Es wird sicher etwas viele Deutsche im Stadion haben, doch das spielt gar keine Rolle. Gebt einfach Gas und geniesst es, vor so vielen Leuten Sport zu treiben, und zeigt, was ihr könnt. Dann kommt das gut.»
Zenhäusern und Schurter machen Mut
Ganz viele andere Sportlerinnen und Sportler sind aber noch nie jemals vor 53’000 angetreten. Wie zum Beispiel die Skistars im Weltcup, angefangen bei Überflieger Marco Odermatt (26). Doch Ramon Zenhäusern (31) erwähnt, dass er beim Nachtslalom jeweils an der magischen Grenze kratzt. «Als Slalom-Spezialist, der in Schladming schon ein paarmal vor 50'000 Zuschauern gefahren ist, kann ich unseren Handballern versichern, dass ein so grosses Publikum einen zusätzlichen Antrieb darstellt», sagt Zenhäusern.
Mi, 10.1., Deutschland – Schweiz 27:14 (Düsseldorf)
So, 14.1., Schweiz – Frankreich 26:26 (Berlin)
Di, 16.1., 18 Uhr, Nordmazedonien – Schweiz (Berlin)
SRF zeigt alle Nati-Spiele live.
Mi, 10.1., Deutschland – Schweiz 27:14 (Düsseldorf)
So, 14.1., Schweiz – Frankreich 26:26 (Berlin)
Di, 16.1., 18 Uhr, Nordmazedonien – Schweiz (Berlin)
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Während Ex-Schwinger Stucki mit seiner Postur im Handball höchstens als Kreisläufer infrage käme, hätte Zenhäusern mit seinen 2,02 Metern Gardemass als Rückraum-Shooter. Aber er winkt ab: «Obwohl ich als Doppelmeter rein körperlich betrachtet gute Voraussetzungen für diesen Sport mitbringen würde, habe ich noch nie richtig Handball gespielt. Bei uns im Wallis gibt es leider nur wenige Klubs. Aber ich freue mich natürlich auf diese EM.»
Auch das Bündnerland ist nicht gerade eine Handballhochburg. Der Churer Nino Schurter (37) wurde im Mountainbike zur Legende, er gewann alles, was es zu gewinnen gibt. Nur vor 53'000 Fans pedalte er trotz Olympiasieg nie.
Deshalb sagt Schurter: «Es ist ein riesiges Privileg, vor einer solchen Kulisse anzutreten. Für solche schönen Auftritte trainiert man tagtäglich.» Schurter radelte noch nie vor 50'000 – vor Zehntausenden wie an verschiedenen Weltmeisterschaften oder beim Heim-Weltcup in Lenzerheide GR gleichwohl. «Ich war immer dankbar dafür, wenn so viele Fans dabei sind», sagt der Bündner, der den Handballern die Daumen drückt und sagt: «Die grossartige Atmosphäre darf man nicht als zusätzlichen Druck sehen, sondern als Quelle von zusätzlicher Energie. Bei mir war es immer so.»
Mehmedi: «Das erste Mal ist speziell»
Ein Schweizer, der selber in der Düsseldorfer Arena schon auf dem Spielfeldfeld stand, ist Ex-Nati-Star Admir Mehmedi (32). Als Fussballer gegen Fortuna Düsseldorf. «Irgendwann sind solche Kulissen nicht mehr speziell. Ich habe in meiner Karriere immer wieder vor so vielen Fans gespielt», sagt der heutige Schaffhausen-Sportchef.
Doch auch Mehmedi kennt diesen Wow-Effekt, der auf die Handballer wartet. Denn das erste Mal vor richtig vollen Tribünen ist ihm bis heute präsent geblieben. 2009 steht er als junger FCZ-Spieler in der Champions League in Marseille erstmals vor 56'000 Fans auf dem Platz. Mehmedi über die hitzige Atmosphäre: «Das war aussergewöhnlich, weil es auch noch gleich in Marseille war.»
Genauso wie der FCZ damals in Marseille wird auch die Handball-Nati das Publikum gegen sich haben. Doch Slalom-Fahrer Zenhäusern kennt für ein Auswärtsspiel ein Rezept: «Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass die Schweiz gegen den Gastgeber viele Fans gegen sich haben wird. Aber auch das kann eine zusätzliche Motivation darstellen, weil man sich als Sportler sagt: ‹Freunde, jetzt zeige ich es euch!› Mein Rennfahrer-Kollege Henrik Kristoffersen funktioniert genau so. Je feindseliger die Stimmung ist, umso schneller fährt er.»