In den vergangenen 365 Tagen hat die deutsche Fussball-Nationalmannschaft drei Spiele gewonnen. Drei von elf. Gegen den Oman, Costa Rica und Peru. Fussballzwerge. Niederlagen gabs fünf.
Wegen dieser Gruselbilanz steht Hansi Flick (58) am Scheideweg. Die deutschen Medien sind sich einig, und auch Nationalmannschaftsdirektor Rudi Völler (63) äusserte sich nach den Pleiten im Juni gegen Polen und Kolumbien entsprechend: Zeigt sich die DFB-Elf auch gegen Japan und Frankreich von ihrer schlechten Seite, fliegt Flick. Und Deutschland braucht neun Monate vor der Heim-EM im Sommer 2024 einen neuen Bundestrainer.
«Es geht darum, vor der EURO 2024 langsam eine gute Stimmung in diesem Land zu erzeugen. Daher sind die beiden Spiele mehr als nur Testspiele. Es wäre ein guter Anfang, am Samstag zu gewinnen», sagt DFB-Vizepräsident Hans-Joachim Watzke dazu.
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TV-Doku deckt die Mängel schonungslos auf
Nach der 15-jährigen Ära Jogi Löw (63) übernahm Flick nach dem Achtelfinal-Out an der EM 2021. Voll beladen mit Vorschusslorbeeren nach dem Triple-Triumph mit Bayern München im Jahr zuvor. Doch statt Aufwärtstendenz fiel der Weltmeister von 2014 noch tiefer. Vorrunden-Out an der WM 2022.
In der soeben erschienenen Doku «All or nothing», für die ein Filmteam die DFB-Stars vor und nach der Katar-WM hautnah begleitet hat, werden die Mängel schonungslos offengelegt. Zerstrittene Spieler. Mit Kimmich, Neuer, Rüdiger und Co. vermeintliche Anführer, die in einem massiven Formtief stecken.
Und mit Hansi Flick ein Trainer, der das taumelnde Team nicht erreicht. Seine Ansprachen vor der Mannschaft? Laut, aber ohne Wucht. «Ich weiss nicht, vielleicht rede ich auch irgendwie anders oder habe eine andere Sprache», schreit er nach der Auftaktniederlage an der WM gegen Japan in die leeren Gesichter seiner Stars. Das Fachmagazin «11 Freunde» urteilt bitterböse: «Flick wirkt dabei wie ein noch nicht gebrochener, immer noch rest-engagierter Sozialkundelehrer vor einer apathischen Oberstufe.»
Irritation um Umgang mit Bayern-Star Goretzka
Nun also die Schicksalsspiele gegen Japan und Frankreich. Ohne Leon Goretzka, den Bayern-Star, den Flick zur Überraschung aller nicht nominiert hat. Das wirkt wie Aktionismus, als wolle er beweisen, dass er nicht nur der liebe Hansi, sondern auch der harte Hans-Dieter sein kann.
Begründet hat Flick die unpopuläre Massnahme damit, ab sofort nur noch nach Leistung nominieren zu wollen. Aber Goretzka war bei den drei Siegen zum Ligastart unbestritten Bayerns bester Mittelfeldspieler.
Nagelsmann steht als Nachfolger bereit
Weiteres Beispiel dafür, wie wirr das alles wirkt: Als Ersatz für den angeschlagenen Niclas Füllkrug hat Flick Thomas Müller nachnominiert. Der ist mit 33 Jahren in München nur noch Ergänzungsspieler. Und hat sich nach dem WM-Out in Katar am TV-Mikrofon von den deutschen Fans verabschiedet.
Nun soll ausgerechnet der Altstar die Wende bringen. Müller ist Flicks letzter Strohhalm. Reisst auch der, steht mit Julian Nagelsmann der Nachfolger bereit.