Der grosse Tag ist da. Marokko trifft im WM-Halbfinal auf Titelverteidiger Frankreich. Für viele ists eine Überraschung – nicht für Youssef Rachad. Er ist gebürtiger Marokkaner, Teammanager beim aufstrebenden Klub Zürich City SC (2. Liga) und Sportpsychologe. Er hat den Kader von Marokko unter die Lupe genommen und weiss bestens, was das Team von Trainer Walid Regragui ausmacht.
Teamwork sei der Schüssel zum Erfolg. «Die Spieler sind mental extrem stark. Bei Marokko ist es wie in einer Familie. Sie haben nie vergessen, wer ihnen geholfen hat, dass sie überhaupt so weit gekommen sind.» Rachads Augen leuchten, wenn er das schildert. Fussball und die Spieleranalysen sind seine grosse Leidenschaft.
Der Grundstein für den heutigen Erfolg Marokkos sei vor über zehn Jahren gelegt worden. «Der marokkanische Fussballverband und der König Mohammed VI haben viel investiert. Die Einstellung hat sich stark verändert. Man will nicht mehr nur an einer WM teilnehmen, sondern auch explizite Ziele verfolgen», erklärt Rachad.
Trainer Regragui und sein Staff haben diese neue Einstellung den Spielern perfekt eingetrichtert. «Sie gehen Hand in Hand und vertrauen einander. Regragui hat es geschafft, eine Einheit zu bilden.» Das scheint auf den ersten Blick gar nicht einmal so einfach. Schliesslich sind gleich 14 von 26 Spielern im Ausland aufgewachsen. «Marokkaner, egal wo sie sind und wo sie leben, verlieren nie die Bindung zu ihrem Herkunftsland», relativiert Rachad, der selbst schon seit über 25 Jahren in der Schweiz lebt.
Das bisher wichtigste Spiel in der Geschichte Marokkos schaut sich Rachad auf SRF zu Hause in Niederhasli ZH mit seiner Frau und seinen zwei Kindern an. «Solche Partien schaue ich in Ruhe. Ich muss mich konzentrieren.» Nur den Final würde er an einem anderen Ort verfolgen. «Dann fliege ich nach Katar», verrät er. «Zunächst gehts aber gegen Frankreich. Es ist wie ein Derby.» An den Sieg glaubt er. «L'appétit vient en mangeant» (Anm. d. Red. Der Appetit kommt beim Essen), sagt Rachad mit einem Lächeln auf den Lippen. Wie viel Hunger Marokko inzwischen hat, wissen Belgien, Spanien und Portugal schon längst.