Brasilien zaubert Fussball gegen Südkorea. Und tanzt. Neymar, Richarlison und Stars gleiten rhythmisch und schön choreografiert über den Rasen bei der 4:1-Gala gegen Südkorea. Selbst Coach Adenor Leonardo Bacchi alias Tite lässt sich zu ein paar steifen Hüftbewegungen hinreissen. Das gefällt nicht allen.
Der irische Ex-Profi Roy Keane (51) nannte die brasilianischen Tanzkreise «respektlos». Dabei schienen die Brasil-Kicker beim 4:1 gegen die Asiaten bloss Spass zu haben. Also tanzten sie eine Reihe vorher eingeübter Tanzroutinen ab. Das sah alles super cool und locker aus. Bei Keane trieben die synchronisierten Bewegungen der Gelbblauen den Blutdruck hoch.
«Fantastischer Abschluss von Vinicius, toller Start ins Spiel. Aber ich habe noch nie so viel Tanzen gesehen», schimpfte TV-Kommentator Keane im Sender ITV. «Ich kann nicht glauben, was ich da sehe, ich kann nicht glauben, was ich da sehe.» Das sei wie bei einem Tanzturnier.
Leichtfüssige Balltänzer
Die Brasil-Stars bekamen reichlich Gelegenheit, ihre vor dem Turnier einstudierten Tortänze zu zeigen. Nach dem 1:0 (7.) liess Vinicius Junior mit drei Kollegen elegant die Hüften kreisen. Neymar (13., Foulelfmeter) hüpfte mit der Mannschaft wie wild in der Jubeltraube. Richarlison (29.) tanzte nach seinem Traumtor mit Trainer Tite. Lucas Paqueta (36.) legte später mit Neymar eine Samba auf den Rasen.
Die Brasilianer zeigten eine spielerische und verspielte Leichtigkeit, wie man sie bisher bei keiner anderen Mannschaft gesehen hat. Man fühlte sich zeitweise in die Siebziger- und Achtzigerjahre zurückversetzt, als Künstler wie Socrates und Zico noch Zeit und Raum für Zaubereien hatten. Gerade das 3:0 und das 4:0 waren je ein Gemisch von Kunststücken und Kunstwerken. Man muss diese Tore, die auch am Schluss zu den schönsten des WM-Turniers gehören werden, gesehen haben.
Richarlisons «Taube»
Nichtsdestotrotz: Nach dem ersten Tor wärs ja in Ordnung gewesen, meinte Keane. «Es sind vier Tore, und sie machen es jedes Mal!», nervt sich der einst beinharte Mittelfeldspieler bei Manchester United. Richarlisons Markenzeichen-«Taubentanz» schien ihm besonders zuzusetzen. «Ich finde, es ist respektlos, jedes Mal so zu tanzen, wenn du triffst», motzte der zunehmend wütende Ire.
Mit im Studio sass neben dem mürrischen Keane auch die ehemalige englische Fussballspielerin Eni Aluko. Sie war da ganz anderer Meinung. Sie liebe die Begeisterung der Brasilianer. «Ich liebe es», so Aluko. «Es ist, als ob wir auf einer brasilianischen Party wären.»
Gegen die Schweiz war den Brasilianern noch nicht zum Tanzen zumute. Ob sie in zwei Wochen noch immer ihre Kickerbeine schwingen? (kes/SDA)