Seit die Weltmeisterschaft 2022 im Dezember 2010 an Katar vergeben wurde, gibt es Kritik für den Austragungsort. Weil dort gegen Menschenrechte verstossen wird, weil während den Bauarbeiten Tausende Arbeiter ihr Leben verloren haben.
Nun sorgt die Aussage von Ex-Nationalspieler Khalid Salman (60), der offizieller WM-Botschafter ist, keine zwei Wochen vor Turnierbeginn für den nächsten Aufschrei. Er bezeichnet in einem Interview Schwulsein als «geistigen Schaden».
Katar und Homosexualität
Katar ist ein islamisches Land. Im Einklang mit dieser Religion ist Homosexualität gesetzlich verboten. Wer dagegen verstösst, wird verfolgt, bedroht und kann bis zu sieben Jahre im Gefängnis landen. Unter Umständen kann es gar die Todesstrafe geben.
Sind Homosexuelle in Katar sicher?
Viele Homosexuelle verzichten deshalb auf eine Reise nach Katar. Sie haben Angst, dass sie ihre sexuelle Orientierung nicht verstecken können und bestraft werden.
Allerdings heisst es von offizieller Seite, dass sie sich deswegen keine Sorgen machen müssen. Zumindest sagt dies die deutsche Innenministerin Nancy Faeser, nachdem sie auf einer Stippvisite Katars Premierminister Scheich Chalid bin Chalifa Al-Thani getroffen hat.
Mehr zur WM
«Alle Menschen, egal woher sie kommen, wen sie lieben und woran sie glauben, müssen bei der WM sicher sein. Jeder Fan muss sich frei und ohne Angst bewegen können», so Faeser. «Diese Sicherheitsgarantie hat mir der Premierminister gegeben.»
Liebe in Katar öffentlich zeigen?
Mit der Aussage des WM-Botschafters kommen nun aber Zweifel auf an der Zusicherung des Premierministers. Auch wenn Turnierchef Nasser Al Khater gegenüber «Sky News» sagte, Besucher würden nicht diskriminiert werden und Homosexuellen sei das Händchenhalten nicht verboten. «Alles, worum wir die Leute bitten, ist, Respekt für unsere Kultur zu zeigen.»
Der Schweizer Botschafter Edgar Dörig hat indes eine klare Meinung. Er empfiehlt allen Homosexuellen zur eigenen Sicherheit, ihre Liebe in Katar nicht öffentlich zu zeigen. Das stehe auch so im eidgenössischen Reisehinweis.
Regenbogenfarben in Katar?
Die Regenbogenfahne gilt als das Symbol der LGBTQ+-Bewegung. Viele zeigen damit ihre Solidarität und Unterstützung. Gerade weil in Katar Homosexualität verboten ist, bietet sich an, die Fahne dort zu zeigen. Per se ist dies nicht verboten.
Ein katarischer Sicherheitsverantwortlicher sprach sich im Frühjahr gegen das Zeigen von Regenbogenfahnen aus. Falls ein Fan «die Regenbogenfahne zeigt und ich sie ihm wegnehme, geschieht dies nicht, weil ich sie wirklich nehmen will, um ihn zu beleidigen, sondern um ihn zu schützen», sagte er der Nachrichtenagentur AP. Dies, um ihn vor möglichen Angriffen zu schützen.
Wer nicht darauf verzichten will, ein Zeichen zu setzen, sind Captains der Nationalmannschaften. Zumindest ein Grossteil, unter ihnen auch Nati-Captain Granit Xhaka (30), wird mit spezieller Binde auflaufen. Auf dieser ist ein Herz in bunten Farben sowie die Aufschrift «One Love». Allerdings entsprechen die Farben nicht der Regenbogenfahne, sondern sind eine abgewandelte Version davon. Die Aussage dahinter ist jedoch die gleiche: Die Spieler sind gegen Diskriminierung und für Vielfalt.
Gibt es schwule Fussballer?
In den WM-Kadern gibt es keinen Fussballer, der sich geoutet hat. Das heisst aber nicht, dass es keine Homosexuellen unter ihnen gibt. Von höherklassig spielenden Fussballern sind Jake Daniels vom englischen Zweitligisten Blackpool und Josh Cavallo, der beim australischen Erstligisten Adelaide United spielt, die einzigen, die sich offiziell geoutet haben.
Der englische Ex-Stürmerstar Gary Lineker (61) hofft, dass es bald mehr werden. Wie er dem «Daily Mirror» sagte, kenne er schwule Premier-League-Spieler, die schon kurz davor waren, sich zu outen. Lineker äussert gar einen besonderen Wunsch: «Es wäre grossartig, wenn einer oder zwei von ihnen während der WM ihr Coming-out hätten».
Angesichts der Lage in Katar eher unwahrscheinlich, dass dies eintritt. Denn mit den neuesten Aussagen eines offiziellen Botschafters erscheint alles in einem anderen Licht.