Fussball. Dann Fussball. Und nochmals Fussball. Andere Sportarten haben im 27-Millionen-Staat in Zentralafrika keinen Platz. Heldengeschichten haben bislang nur Fussballer geschrieben. Einer dieser Helden ist Rigobert Song (46).
Einer für die Rekordbücher
Der Mann aus Nkenglicock spielte unter anderem für Metz, Liverpool, West Ham, Köln, Lens sowie Galatasaray und kam an vier Weltmeisterschaften zum Einsatz. Er machte 137 Länderspiele. Rekord! Über einen Zeitraum von elf Jahren stand er in jedem Länderspiel in der Startelf. Rekord! Er war lange Zeit Captain, bevor ihn Samuel Eto’o ablöste. An der WM 1994 standen er und Legende Roger Milla gemeinsam auf dem Feld. Song mit zarten 17, Milla mit 42. Ein Altersunterschied, der heute noch Rekord ist.
In diesem Spiel stellte Song aber auch einen anderen Rekord auf: Er wurde vom Platz gestellt. Bis heute ist kein jüngerer Spieler des Feldes verwiesen worden. Und Song kassierte vier Jahre später wieder Rot. Womit er neben Zinédine Zidane der einzige Spieler ist, der an zwei verschiedenen Turnieren vom Platz gestellt wurde. Rekord Nummer fünf!
Seine Kleiderwahl sorgt für Unmut
Song – ein Mann mit zwei Gesichtern. Da ist der Leithammel. Das Vorbild. Einer, der vorangeht. Ohne Wenn und Aber. Dort ist aber auch der Unberechenbare. Der Launische. Der nicht immer hundertprozentig Zuverlässige. Das erzählt man auch in der Entourage von ehemaligen kamerunischen Nationalspielern herum.
In der Kritik steht er aber dann doch vor allem wegen der zuletzt miserablen Resultate, und weil sein taktisches Verständnis mangelhaft sei. Und dann auch noch das: Es gab auch schon Leserbriefe wegen Songs hip-legerem Kleidungsstil. Da sind auch mal zerrissene, weisse Jeans darunter. «Wir haben einen Popstar als Nationaltrainer. Der würde sich auf einer Bühne oder einem Laufsteg besser machen», schrieb ein aufgebrachter Kameruner.
In der WM-Quali top, dann Flop
Aber: Song hat sich eine gewisse Unanfechtbarkeit dadurch erworben, als dass es Staatspräsident Paul Biya persönlich war, der Verbandspräsident Eto’o anwies, Song diesen Februar zum Trainer der unbezähmbaren Löwen zu machen, als es darum ging, das Team in den Playoffs gegen Algerien nach Katar zu bringen. Song schaffte das. In einem unfassbaren Showdown. In der 118. gleicht Algerien aus. In der vierten Minute der Nachspielzeit der Verlängerung schiesst Lyon-Star Ekambi das 2:1 und schickt ein Volk in eine Jubelnacht der Superlative.
Das wars dann auch schon fast mit den Songschen Highlights. Nach einem 1:0 gegen Burundi zum Start in die Afrika-Cup-Gruppenphase folgen vier miese Spiel: Zwei Niederlagen gegen Südkorea und Usbekistan im September. Nun zwei Remis gegen die Zwerge Jamaika (ohne einzigen Söldner, obwohl die einheimischen Spieler in den Aufgeboten kaum je eine Rolle spielen) und Panama in der WM-Hauptprobe. Da gab auch Eto’o seinen Coach der Lächerlichkeit preis, als er von der Tribüne herab wegen der Hitze eine Mütze für Goalie Onana forderte. «Camfoot» schrieb süffisant zu diesem Match: «Den unbezähmbaren Löwen ist der Exploit eines Unentschiedens gegen Panama gelungen.»
Kredit geniesst Song aber nicht nur bei Biya, sondern auch bei Roger Milla. Der sagt: «Rigo kennt den Laden als ehemaliger Nachwuchs-Nationaltrainer und macht einen guten Job.» Dennoch regte sich Milla letzthin fürchterlich über Song auf. Als dieser ihm verspricht, bei ihm vorbeizuschauen, dann aber auf Tauchstation geht, anstatt aufzutauchen. Damit erntet er geharnischte Sprachbotschaften von Sonderbotschafter Milla. Kamerun, wie es leibt und lebt.