Kurz vor der absoluten Sensation ist Marokko gescheitert. Trotzdem reiht sich diese Weltmeisterschaft zweifellos in die Annalen ein. Der Mann dahinter heisst Walid Regragui. Er hat zum ersten Mal ein afrikanisches Team in ein WM-Halbfinale geführt. Dabei ist der 47-Jährige erst seit drei Monaten marokkanischer Nationaltrainer und musste zunächst viel Kritik einstecken.
Als Regragui im September zum Nachfolger des unbeliebt gewordenen Bosniers Vahid Halilhodzic ernannt wurde, wurde er spöttisch als «Avocado-Kopf» bezeichnet. Es hiess, er habe schlichtweg zu wenig Erfahrung auf internationaler Bühne. Ein Blick auf seine bisherigen Stationen belegen das. Bisher hat er einzig in Marokko und in Katar gecoacht.
Die Kritiker sind verstummt
Doch keine internationale Erfahrung heisst nicht, dass Regragui nicht auch erfolgreichen Fussball spielen lassen kann – ganz im Gegenteil. Seine Referenzen sind exzellent. In beiden Ländern hat er jeweils den Meistertitel geholt. Bei seinem letzten Klub, Wydad Casablanca, hat er zudem in der afrikanischen Champions League triumphiert.
Den Kritikern hat Regragui an der WM das Maul gestopft. In Afrika und im arabischen Raum schauen Millionen Menschen zu ihm hinauf. Als Vater und als grosser Bruder wird er bezeichnet. Neben dem sportlichen Erfolg wird ihm hoch angerechnet, dass er es geschafft hat, eine Einheit zu bilden, die durch dick und dünn geht. Das war nicht immer so im nordafrikanischen Land. Immer wieder gabs Streit zwischen den in Marokko geborenen Spielern und jenen, die im Ausland aufgewachsen sind. Im aktuellen Kader stehen gleich 14 Spieler, die im Ausland geboren sind.
Lobeshymne für Regragui
Die Spieler sind voll des Lobes für ihren Trainer. Ganz egal, ob Star-Spieler oder Bankdrücker. «Wir vertrauen ihm. Er hat eine Familie gebildet und macht einen fantastischen Job, obwohl er dafür nicht viel Zeit hatte», schwärmt PSG-Verteidiger Achraf Hakimi. «Wir können immer zu ihm kommen. Auch mit privaten Themen. Er lehrt uns vieles», sagt Ilias Chair, der bisher keine Minute gespielt hat.
Regragui ist aber mehr als nur der Motivator und Gute-Stimmung-Macher. Er ist ein akribischer Taktiker. Mit seinem Defensivsystem hat er die Gegner reihenweise zum Verzweifeln gebracht. Bis zum Halbfinal musste Marokkos Goalie nur ein Tor zulassen – ein Eigentor. Das ist kein Zufall.
Eine taktisch disziplinierte Mannschaft zu haben, ist nicht das schlechteste Argument für einen Trainer. Der Name Regragui ist der Fussballwelt inzwischen mehr als nur ein Begriff. Kein Wunder gibt es bereits Vergleiche mit Atleticos Trainer Diego Simeone.