Für junge Frauen in Afghanistan ist der Traum einer Fussballkarriere begraben. Unter dem Regime der Taliban ist es ihnen verboten zu kicken. Farkhunda Muhtaj (23) ist Kapitänin der Frauen-Nationalmannschaft Afghanistans, lebt jedoch seit sie zwei Jahre alt ist im 10'000 Kilometer entfernten Toronto (Ka). Nichtsdestotrotz hat sie das Leid junger Fussballerinnen direkt erfahren.
Auf dem Portal «orato.world» schildert sie nun die dramatische Evakuierung des Juniorinnen-Teams der Frauen aus Kabul. «Die Aufgabe schien unüberwindbar», dachte sie zuerst, als sie um Hilfe gebeten wurde. Muhtaj kannte keine der Juniorinnen, geschweige denn jemanden aus deren Familien.
Operation «Soccer Balls»
Doch das war kein Hinderungsgrund. Sie wollte handeln und tut es auch. Muhtaj kontaktiert Anwälte und Behörden, doch die weisen sie ab. Da viele der 14- bis 16-Jährigen keine Pässe oder andere Ausweisdokumente haben, sei eine Ausreise kaum möglich. Die Situation scheint aussichtslos. Die 23-Jährige gibt aber nicht auf.
Insgesamt sollen 26 Juniorinnen und ihre 54 Familienangehörigen evakuiert werden. Das US-amerikanische Militär, ein Senator und ein ehemaliger Agent der CIA erklären sich bereit, bei der Flucht mitzuhelfen. Die Operation «Soccer Balls», wie Muhtaj sie nennt, wird gestartet.
Verzweiflung, Angst und Panik
Sie helfen dabei, Unterkünfte zu organisieren und Flüge aus Afghanistan heraus zu suchen. Muhtaj steht jeden Tag in Kontakt mit den verzweifelten Juniorinnen. «Die Mädchen riefen mich an und fragten mich ‹Wo gehen wir hin? Was machen wir nun? Wer steht auf der Flüchtlingsliste?›» Fragen, die sie nicht beantworten darf. Denn es könnten Spione der Taliban zuhören: «Ein kleiner Fehler und die ganze Operation wäre gefährdet.»
Für den 26. August ist ein Flug ab Kabul gebucht, die Rettung scheint gesichert. In ihrer Unterkunft warten die 80 Personen auf den Transport zum Flughafen. Doch der kommt nicht. Zu ihrem Glück. Denn ein Selbstmordattentäter sprengt sich an diesem Tag am Flughafen in die Luft. Panik bricht aus, Muhtaj braucht einen neuen Plan.
Asyl im Land eines Weltfussballers
Die Juniorinnen und ihre Angehörigen werden ins rund 400 Kilometer entfernte Masar-e Scharif gebracht. Die Lage spitzt sich immer mehr zu, die Angst steigt. Dann der erlösende Anruf: Portugal gewährt der Gruppe Asyl. Einen Monat nach dem Anschlag auf den Kabuler Flughafen landen sie im Land von Weltfussballer Cristiano Ronaldo (36).
Die Freude ist unbeschreiblich: «Die Mädchen und ich hatten einen Video-Call, nachdem sie landeten. Sie äusserten ihre Freude und Hoffnungen für die Zukunft.» Am 29. September flog Muhtaj nach Portugal, um die Fussballerinnen erstmals persönlich zu treffen. «Die Reise bis dahin war hart, aber für diese Mädchen und ihre Familien beginnt nun ein neues Kapitel.»