Khalida Popal (34) war 2007 die erste Kapitänin des afghanischen Frauen-Nationalteams. Sie hat massgeblichen Anteil daran, dass Frauenfussball in ihrem Land überhaupt möglich geworden ist. Doch seit Montag ist alles anders. Die Taliban übernehmen das Ruder im Land, den modernen Frauen gehts an den Kragen.
Blick erreicht Popal am Telefon. Sie wohnt jetzt in Dänemark, wohin sie flüchten musste, weil sie sich gegen üble Missstände gewehrt hatte. Von dort aus setzt sie ihre Arbeit als Programm- und Veranstaltungsleiterin der afghanischen Nationalmannschaft fort. Popal ist tief bewegt und schockiert, und sie hat Angst um das Leben ihrer Kolleginnen, die es nicht mehr geschafft haben, aus dem Land zu flüchten.
Blick: Frau Popal, haben Sie mit den Spielerinnen in Afghanistan Kontakt?
Khalida Popal: Ja, ich bin in täglichem Kontakt mit ihnen.
Können Sie uns sagen, wie es um sie steht?
Es ist sehr schwierig und gefährlich, sehr beunruhigend. Alle sind geschockt, wie einfach und schnell das Land zusammengebrochen ist. Die Spielerinnen haben grosse Angst.
Schweben sie in Lebensgefahr?
Definitiv. Sie sind in grosser Gefahr. Heute oder morgen werden sie gefunden. Am schlimmsten trifft es Frauen, die sich für ihre Rechte eingesetzt haben. Sie werden alleine gelassen ohne jeglichen Schutz. Und das macht mir richtig Angst.
Was passiert jetzt?
Wir haben den internationalen Organisationen vertraut. Wir Fussballerinnen wollten das neue Gesicht von Afghanistan sein. Und jetzt? Auf dem Platz, wo wir gespielt haben, werden heute Frauen ermordet.
Was sollen die Spielerinnen jetzt machen, was haben Sie ihnen geraten?
Ich habe ihnen gesagt, dass sie alle Fotos auf Social Media löschen sollen und die Profile ebenso. Der offizielle Kanal der afghanischen Fussballnationalmannschaft wurde bereits entfernt. Sie müssen das unbedingt tun. Die Taliban wissen, wer diese Frauen sind. Es wird für sie nicht schwierig sein, die Fussballerinnen zu identifizieren. Sie müssen sich verstecken.
Haben es einige noch geschafft, aus dem Land zu fliehen?
Nein. Das Land ist so schnell zusammengebrochen, dass sie keine Chance hatten.
Werden diese Frauen jemals wieder Fussball spielen?
Nicht unter den Taliban: Die haben gesagt, dass ihre «Scharia» das neue Gesetz wird. Jeder in Afghanistan weiss, was das bedeutet. Das «Scharia-Gesetz» akzeptiert keine fussballspielenden Frauen. Damit ist alles gesagt.
Der 14. Dezember 2010 geht in die Geschichte von Afghanistan ein. Nach langem Kampf durfte zum ersten Mal eine afghanische Frauen-Fussballnationalmannschaft ein Pflichtspiel bestreiten. Aller Anfang ist schwer. Das Sprichwort beschreibt sehr gut, was die elf Frauen auf dem Platz erlebten. Gegen die Kontrahentinnen aus Nepal setzte es eine 0:13-Pleite ab. Trotzdem durften sie sich an diesem Tag wie Siegerinnen fühlen.
Dazumal führte Khalida Popal (34) ihre Mannschaft als Kapitänin auf den Platz. Bereits im Jahr 2007 hatte sie zusammen mit Freundinnen die Nationalmannschaft ins Leben gerufen. Ein weiterer Meilenstein gelang den Pionierinnen 2012. Gegen Katar feierten sie den ersten Sieg (2:0) in ihrer Historie.
Neben dem Platz dominierten hässliche Themen. Gemäss Popal betrachtete der Fussball-Verbandschef die jungen Frauen als Freiwild. Es kam mehrfach zu sexuellen Übergriffen. Der Chef wurde mittlerweile von der Fifa des Amtes enthoben. Zurzeit rangiert die Frauen-Nationalmannschaft von Afghanistan in der Fifa-Weltrangliste auf Platz 152 von insgesamt 167 Nationen.
Der 14. Dezember 2010 geht in die Geschichte von Afghanistan ein. Nach langem Kampf durfte zum ersten Mal eine afghanische Frauen-Fussballnationalmannschaft ein Pflichtspiel bestreiten. Aller Anfang ist schwer. Das Sprichwort beschreibt sehr gut, was die elf Frauen auf dem Platz erlebten. Gegen die Kontrahentinnen aus Nepal setzte es eine 0:13-Pleite ab. Trotzdem durften sie sich an diesem Tag wie Siegerinnen fühlen.
Dazumal führte Khalida Popal (34) ihre Mannschaft als Kapitänin auf den Platz. Bereits im Jahr 2007 hatte sie zusammen mit Freundinnen die Nationalmannschaft ins Leben gerufen. Ein weiterer Meilenstein gelang den Pionierinnen 2012. Gegen Katar feierten sie den ersten Sieg (2:0) in ihrer Historie.
Neben dem Platz dominierten hässliche Themen. Gemäss Popal betrachtete der Fussball-Verbandschef die jungen Frauen als Freiwild. Es kam mehrfach zu sexuellen Übergriffen. Der Chef wurde mittlerweile von der Fifa des Amtes enthoben. Zurzeit rangiert die Frauen-Nationalmannschaft von Afghanistan in der Fifa-Weltrangliste auf Platz 152 von insgesamt 167 Nationen.
Wer kann jetzt noch helfen und wie soll das gehen?
Es können alle helfen. Stellt Fragen. Ich will von jedem, der irgendwie helfen will, dass er mehr Fragen stellt. Was ist mit den Frauen? Fragt euch, wieso in diesem Konflikt immer nur die Männer Entscheidungen treffen dürfen.
Haben Sie Angst, wenn Sie sich so klar gegen die Taliban äussern?
Nein. Ich fühle mich in Dänemark sicher, aber ich werde immer wieder angegriffen. Über meine Social-Media-Kanäle kommt unendlich viel Hass. Man will, dass ich schweige.
Wieso mussten Sie nach Dänemark fliehen?
Ich habe in Afghanistan Missstände angesprochen, und das hat gewissen Menschen nicht gepasst. Im Fussballverband gab es Funktionäre, die junge Mädchen vergewaltigt haben. Da kann ich doch nicht ruhig bleiben. Danach bekam ich Todesdrohungen, und das habe ich nicht mehr ausgehalten. Ich musste fliehen.
Haben Se noch Familienmitglieder in Afghanistan?
Unglücklicherweise ja. Es ist keine einfache Zeit im Moment.
Khalida Popal kämpft mit den Tränen. Sie ist verzweifelt, aber fester denn je entschlossen, weiterzukämpfen. Die Krisensituation betrifft nicht nur die Fussballerinnen knallhart. Am Montag wurde bekannt, dass die afghanische Paralympics-Delegation nicht an den am 24. August beginnenden Paralympischen Spielen teilnehmen kann: Aufgrund der ernsten Situation im Land sind alle Flughäfen geschlossen, und es gibt keine Möglichkeit für sie, nach Tokio zu reisen.